Annette Schavan: Union muss die Kultusministerien in den Ländern zurückerobern

Berlin/Hamburg. Die Berliner CDU-Führung zieht Konsequenzen aus dem Ausgang des Hamburger Volksentscheids über die sechsjährige Primarschule: Sie will künftig wieder mehr Einfluss auf die Bildungspolitik in den Ländern nehmen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan forderte ihre Partei mit Blick auf die sechs Landtagswahlen im kommenden Jahr dazu auf, wieder stärker um die Posten der Kultusminister zu kämpfen.

"Es kann nicht sein, dass die Partei, die am erfolgreichsten in der Bildungspolitik über 60 Jahre war, jetzt den Eindruck erweckt, darauf keine Lust zu haben", kritisierte Schavan. Das Kultusressort sei ein zentrales, "wenn nicht das zentrale" Ministerium einer Landesregierung. Die CDU hatte nicht nur in Hamburg, sondern auch im Saarland diese Position den Grünen überlassen. In den ebenfalls von der CDU regierten Ländern Hessen und Schleswig-Holstein führen FDP-Politiker das Ressort.

Unterstützung für Schavans Vorstoß kam aus der Unionsfraktionsführung. Deren Vizevorsitzender Michael Kretschmer sagte dem Abendblatt: "Es ist ein großes Problem für unsere Partei, dass die Bildungsministerien in einigen Ländern so leichtfertig abgegeben wurden - bloß weil die kleineren Koalitionspartner sich das so gewünscht haben." Auch der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, hält es für "zwingend notwendig, dass die Union auf Länderebene auch die Kultusministerien besetzt."

Nach Abendblatt-Informationen will die CDU darüber hinaus versuchen, trotz der unterschiedlichen Ansätze in den Ländern wieder zu einer einheitlicheren Schulpolitik zu kommen. Dazu sei vor allem die Abkehr von Strukturdebatten nötig. Der Volksentscheid zeige, dass die Bürger diese nicht wollten, argumentierte auch Schavan: "Sie wollen Vergleichbarkeit." Eine sechsjährige Grundschulzeit sei abzulehnen, weil dies massive Konsequenzen für weiterführende Schulen habe. Erreicht werden müsse die verstärkte Zusammenarbeit von Kindergärten und Schulen, um die Chancengerechtigkeit für Kinder aus allen sozialen Gruppen zu erhöhen.

In Hamburg setzt die regierende CDU weiterhin auf die Umsetzung der großen Schulreform, die mit der GAL vereinbart worden war - jetzt ohne die Primarschule. Wesentlicher Baustein ist die Einführung des Zwei-Säulen-Modells aus Stadtteilschule und Gymnasium, also ein struktureller Eingriff in das Schulsystem. Darüber hinaus hat der Hamburger CDU-Bildungsexperte Robert Heinemann eine Neuausrichtung der CDU-Schulpolitik gefordert. "Die CDU muss die Partei sein, die auf Leistung, auf die möglichst frühzeitige Förderung Benachteiligter sowie auf Behutsamkeit, Kontinuität und Pragmatismus setzt", sagte Heinemann.