Es war die letzte Sitzung mit einer schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat. Das Abendblatt nennt Ihnen die wichtigsten Entscheidungen.

Berlin. Die letzte Bundesratssitzung vor der Sommerpause hatte es in sich. Nicht nur, weil sage und schreibe 80 Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden mussten, sondern vor allem deshalb, weil es die vorerst letzte war, in der Schwarz-Gelb über eine eigene Mehrheit verfügte. Nach der Konstituierung der rot-grünen Minderheitsregierung in Düsseldorf wird es damit ja zumindest bis zu den 2011 anstehenden sechs Landtagswahlen vorbei sein.

Bevor die Mammutsitzung begann, nahmen zwei scheidende CDU-Ministerpräsidenten ihren Abschied von der politischen Bühne in Berlin. Der Nordrhein-Westfale Jürgen Rüttgers , der seit der von Schwarz-Gelb verlorenen Landtagswahl nur noch kommissarisch im Amt ist, gab sich abgeklärt. "Ich habe mich damit innerlich auseinandergesetzt", sagte Rüttgers vor der Sitzung. "Ich habe mich nicht vom Acker gemacht, sondern versuche, einen geordneten Übergang hinzubekommen." Sein hessischer Kollege Roland Koch wirkte etwas sentimentaler. "Ich fühle mich eigentlich ganz wohl bei der Entscheidung, die ich getroffen habe", sagte Koch, der sich aus der Politik zurückzieht und in die Wirtschaft überwechseln wird, "aber trotzdem bleibt ein bisschen Emotion, gerade hier im Bundesrat, in dem ich viel erlebt und auch vieles, denke ich, gestaltet habe."

Die wichtigsten Entscheidungen im Überblick:

BAföG und Stipendien: Union und FDP konnten ihr nationales Stipendienprogramm am Freitag durchbringen, weil die Bundesregierung den Ländern quasi in letzter Minute die komplette Kostenübernahme zusicherte. Künftig sollen bis zu 160 000 der leistungsstärksten Studenten unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern mit monatlich 300 Euro unterstützt werden. Der BAföG-Erhöhung haben die Länder gestern erwartungsgemäß nicht zugestimmt. Sie werden den Vermittlungsausschuss anrufen. Krista Sager kommentierte die Entscheidungen anschließend mit den Worten, es sei "absurd", wie die Bundesregierung das Stipendienprogramm mit den Stimmen der abgewählten NRW-Regierung "durchgezockt" habe. "Mehr Geld ins BAföG statt Stipendienprogramm, das wäre die deutlich bessere bildungspolitische Priorität gewesen", sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen dem Abendblatt. Man wisse schließlich aus der Erfahrung mit den Begabtenförderungswerken, dass man mit Stipendienprogrammen vornehmlich diejenigen erreiche, die es ohnehin relativ leicht hätten, ihr Studium zu finanzieren. "Davon abgesehen", so Sager weiter, "macht sich die Bundesregierung ihre Bildungspolitik durch ihre eigene Klientelpolitik kaputt: Die 400 Millionen Euro, die die Länder nun für die Hotelsubventionierung aufbringen müssen, nachdem Schwarz-Gelb den Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie abgesenkt hat, fehlen jetzt. Da muss man sich nicht wundern, wenn die Länder Probleme haben, die BAföG-Erhöhung mitzumachen."

Arzneimittel: Zur Eindämmung der ständig steigenden Ausgaben für Arzneimittel hat der Bundesrat einen deutlich erhöhten Zwangsrabatt und ein Preismoratorium beschlossen. Dadurch sollen die gesetzlichen Krankenkassen bis Ende 2013 jährlich um gut eine Milliarde Euro entlastet werden. In diesem Jahr sollen so bereits rund 500 Millionen Euro gespart werden. Mit der Neuregelung steigt der gesetzlich festgelegte Herstellerabschlag von 6 auf 16 Prozent. Er gilt für verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Preisobergrenze (Festbetrag). Außerdem werden die Arzneimittelpreise bis Ende 2013 eingefroren.

Bonuszahlungen: Der Bundesrat billigte schärfere Regeln für Manager-Boni. Damit erhält die oberste Finanzaufsicht Bafin mehr Eingriffsrechte. Sie kann Bonuszahlungen beschränken oder komplett untersagen, wenn bestimmte Anforderungen nicht erfüllt sind.

Börsenspekulation: Der Bundesrat verabschiedete ein Gesetz, mit dem alle "ungedeckten Leerverkäufe" verboten werden. Finanzakteure dürfen künftig nur noch mit Aktien, Staatsanleihen und Kreditversicherungen spekulieren, die sie selbst besitzen oder die sie sich geliehen haben.

Wehrpflicht und Zivildienst: Der Wehrdienst wird rückwirkend zum 1. Juli von neun auf sechs Monate verkürzt. Das gilt auch für den ersatzweise geleisteten Zivildienst, der freiwillig um drei bis sechs Monate verlängert werden kann.

Jobcenter: Der Bundesrat verabschiedete mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit die bereits vom Bundestag beschlossene Änderung des Grundgesetzes. Damit bleibt die vom Bundesverfassungsgericht beanstandete gemeinsame Betreuung der mehr als 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger und ihrer Familien durch Kommunen und Arbeitsagenturen gesichert. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Mischverwaltung für unzulässig erklärt.

Datenschutz: Der Datenschutz bei Internet-Diensten wie "Google Street View" soll gestärkt werden Die Länderkammer hat beschlossen, einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen. Demnach sollen Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich gemacht werden, bevor Daten ins Netz gestellt werden. Abgebildete Menschen sollen uneingeschränktes Widerspruchsrecht erhalten. Auch Immobilien sollen auf Verlangen von Hausbesitzern oder Mietern gepixelt werden.

Solarförderung: Die staatliche Solarförderung wird gekürzt. Die Zuschüsse werden um elf bis 16 Prozent gesenkt. Grund dafür ist, dass der Preis für Solaranlagen zuletzt um rund 30 Prozent gesunken war.

Pharma-Zwangsrabatt: Der erste Teil des Pharmasparpakets kann zum 1. August in Kraft treten. Zur Eindämmung der ständig steigenden Arzneimittelausgaben billigte der Bundesrat die vom Bundestag bereits beschlossene Anhebung des Hersteller-Zwangsrabatts von sechs auf 16 Prozent. Außerdem werden die Arzneimittelpreise bis Ende 2013 eingefroren.