Heute besucht der Wahlverlierer das Sommerfest des Präsidenten

Berlin. Die Wahl zum Bundespräsidenten hat Joachim Gauck nicht gewonnen, in den Ruhestand will sich der 70-Jährige trotzdem nicht verabschieden. Er werde sich auch weiter kräftig zu Wort melden, kündigte Gauck noch am Mittwochabend an. Die Wahl des Staatsoberhauptes habe die Menschen bewegt: "Mit meiner Kandidatur sind viele Sehnsüchte neu artikuliert worden." Dies sei "ein Geschenk für unser Land", das man annehmen müsse. "Daran will ich mitwirken!" Als Vortragsreisender in Sachen Freiheit war Gauck schon vor seiner Kandidatur im In- und Ausland gefragt.

Als guter Verlierer will der gescheiterte Kandidat heute zusammen mit seiner Lebensgefährtin das Sommerfest des Bundespräsidenten besuchen. Das war schon lange so geplant; die Einladung stammt noch aus der Amtszeit von Horst Köhler. Dass Wulff der Gastgeber sein wird, hatte Gauck seit vier Wochen ohnehin erwartet. Dem neuen Staatoberhaupt gratulierte der Ex-DDR-Bürgerrechtler und wünschte ihm alles Gute: "Wulff ist aus meiner Perspektive ein junger Mann, der ganz bedeutende Entwicklungspotenziale hat und der sich als Ministerpräsident hohe Verdienste erworben hat. Ich bin zuversichtlich, dass ihm das auch im neuen Amt gelingen wird." Dankend lehnte Gauck allerdings Wulffs Angebot ab, sich in einen ständigen Beraterkreis für den neuen Bundespräsidenten einbinden zu lassen. Für gelegentliche Gespräche stehe er aber gern zur Verfügung, erklärte Gauck.

Am Morgen nach der respektablen Niederlage war er schon wieder unterwegs. Erst um seinen zahlreichen Unterstützern persönlich zu danken. Danach hatte sich Gauck zu einem Empfang der evangelischen Kirche am Berliner Gendarmenmarkt angesagt. Erst weit nach Mitternacht war für den 70-Jährigen der Wahlkrimi im Reichstag endgültig zu Ende gegangen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin, seinem ältesten Sohn und dessen Frau hatte er bei einem Glas Sekt die vergangenen Stunden noch einmal Revue passieren lassen. "Ja, das war ein schöner Tag. Und es hätte auch anders ausgehen können", zu diesem Fazit sei man gekommen, erzählt der Theologe.

Den Vorwurf, zu wenig um die Stimmen der Linken geworben zu haben, wies Gauck bereits nach Ende der Bundesversammlung zurück. "SPD und Grüne mussten ertragen, dass ich Joachim Gauck bin", sagte er. "Da konnte ich nicht, ohne mich selbst zu verleugnen oder zu verlieren, Spezialangebote in diese Richtung machen."

Nach den anstrengenden Wochen des Präsidentschaftswahlkampfs freut sich Gauck jetzt erst mal auf den Urlaub. Am Wochenende zieht er sich für einige Zeit in seine Heimat in Mecklenburg-Vorpommern zurück. Im Haus seiner Großeltern in Wustrow, wo seine Schwester eine Pension betreibt, will er nach den kräftezehrenden Kandidaten-Wochen ausspannen: Segeln, Bücher lesen und mit dem Fahrrad oder zu Fuß den Ostseestrand abstrampeln.