CSU-Chef Seehofer spricht sich für Volksentscheide über grundlegende Europafragen aus, Kanzlerin Merkel ist nach wie vor dagegen.

München. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist sich sicher, dass er sich mit seiner Forderung nach Volksentscheiden über grundlegende Europafragen in absehbarer Zukunft durchsetzen wird. "Es werden auf Dauer die grundlegenden Entscheidungen dem Volk vorzulegen sein“, sagte Seehofer am Dienstag in München. Seehofer nannte drei Punkte: Die Abgabe deutscher Souveränitätsrechte an Brüssel, künftige Erweiterungen der EU und Entscheidungen über Rettungsschirme. "Wir sollten beginnen mit Europa, mit den Souveränitätsrechten, wenn die übertragen werden und dem geografischen Zuschnitt Europas und mit dem Ausmaß der Finanzhilfen.“

Seehofer verwies auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Der hatte am Wochenende im "Spiegel“ bei einer weiteren Verlagerung bislang nationaler Entscheidungsrechte an Brüssel eine Volksabstimmung zur Änderung des Grundgesetzes in Aussicht gestellt. "Wie sich jetzt Schäuble geäußert hat, ist das ja schon im Nahbereich“, sagte Seehofer dazu. Europa sei "richtigerweise“ 60 Jahre lang eine Angelegenheit vor allem der politischen Eliten gewesen. "Das war vielleicht auch notwendig, damit die europäische Integration zustande kam“, sagte der CSU-Chef. "Aber jetzt müssen wir schauen, dass wir auch die Bevölkerung an diesen Dingen beteiligen. Das kann nicht ewig so bleiben. Das würde – glaube ich – das Vertrauen der Bevölkerung nicht erhöhen.“ Deswegen sei er sehr sicher, dass Volksabstimmungen kommen werden.

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An diesem Freitag werden Bundestag und Bundesrat aller Voraussicht nach dem europäischen Fiskalpakt und dem dauerhaften Rettungsschirm ESM zustimmen. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler will nun ein weiteres Mal vor dem Bundesverfassungsgericht klagen - dieses Mal gegen den ESM. "Wenn es so beschlossen wird, und es ist ja davon auszugehen, werde ich das tun“, sagte Gauweiler dem Bayerischen Rundfunk. Gauweiler will sich nicht an der bereits angekündigten Klage der Linken beteiligen, sondern eine eigene Klage in Karlsruhe vorlegen: "Weil ich dann am meisten die Möglichkeit habe, diese selbst zu bestimmen.“

Seehofer rechnet aber nicht damit, dass Gauweiler und andere Kläger mit ihren Versuchen Erfolg haben, den ESM vor Gericht auszuhebeln: "Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Fiskalpakt und der ESM überhaupt nicht kommen“, sagte Seehofer. Er verwies darauf, dass die Bundesregierung auf den Kurs Brüssels maßgeblichen Einfluss genommen habe: "Das ist auf Druck Deutschlands erfolgt, nämlich die Stabilitätsunion zu schaffen.“

Im Bundesrat rechnet Seehofer nach der Einigung von Bund und Ländern mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit. "Wir haben uns mit dem Bund verständigt, so dass ich davon ausgehe, dass diese Mehrheit am Freitag im Bundesrat zustande kommt.“ (dpa)