Fazit des neuen Bildungsberichts: Reformen zeigen Erfolge. Doch Schul- und Sprachprobleme von Migrantenkindern sind ungelöst.

Berlin. Das Bildungsniveau in Deutschland steigt: Es gibt mehr Abiturienten und Studenten, mehr junge Menschen erreichen den mittleren Bildungsabschluss, weniger brechen die Schule ab. Gleichwohl können auch zehn Jahre nach dem PISA-Schock fast 20 Prozent der 15-Jährigen immer noch nicht richtig lesen und Texte verstehen. Dieses Fazit zieht der neue Bildungsbericht von Bund und Ländern, der am Freitag in Berlin von einer Wissenschaftlergruppe den Kultusministern vorgestellt wurde.

+++ Rabe lobt Bildungsreform +++
+++ Förderschulen suchen nach Unterstützung +++

Die Autoren des Berichts sprechen von einem harten Kern von bis zu 20 Prozent "Bildungsverlierer": Sie finden selten eine Lehrstelle, brechen häufig die Ausbildung ab und nehmen später auch selten an Fortbildung teil.

Jung-Akademiker haben dagegen auf dem Arbeitsmarkt beste Chancen. Während auf der einen Seite heute fast jeder zweite junge Mensch entweder das Abitur (33,9 Prozent) oder die Fachhochschulreife (15,2) erwirbt, haben andererseits von den 20- bis 30-Jährigen 1,5 Millionen keinen Schul- oder Berufsabschluss und befinden sich auch nicht in Nachqualifizierungskursen. Unter den 30- bis 35-Jährigen ist der Anteil der Ungelernten und Schulabbrecher (17,5 Prozent) höher als unter den 60- bis 65-Jährigen (11,5), die jetzt aus dem Arbeitsleben ausscheiden.

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), sieht das deutsche Bildungssystem auf dem richtigen Reformweg. Zu der nach wie vor großen Zahl von Jugendlichen mit Leseschwächen sagte Rabe: "Auch die muss das Bildungssystem alle noch einfangen." Nach den Worten von Bundes-Bildungsstaatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen zeigten die Verbesserungen der vergangenen Jahre jetzt Wirkung. Für die SPD-Länder sagte Bildungsministerin Doris Ahnen (Rheinland-Pfalz): "Die soziale Herkunft darf nicht über den Bildungserfolg entscheiden."

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach von einer "Schere zwischen Bildungsgewinnern und -verlierern", die immer weiter auseinandergehe. Laut Bericht wachsen 29 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in einer Familie mit sogenannter Risikolage auf: Dazu zählen mangelnde Bildung der Eltern, Einkommen unter der Armutsgrenze oder dass kein Elternteil berufstätig ist. Von allen drei Risikolagen sind drei Prozent der Heranwachsenden betroffen. Der Anteil der Kinder mit ausländischen Wurzeln nimmt zu. Bei den unter Einjährigen sind dies bereits 35 Prozent, in manchen Metropolen bereits mehr als 60 Prozent.

Unter Dreijährige mit Migrationshintergrund besuchen mit nur 14 Prozent weitaus seltener eine Kita als Kinder mit deutscher Abstammung (25 Prozent). Im Osten werden sogar Quoten um 50 Prozent erreicht. Über dreijährige Migrantenkinder besuchen inzwischen auch zu großen Teilen Kindergärten. Insgesamt gehen 94 Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen in eine Kita oder einen Halbtagskindergarten.

Weishaupt sagte, die sozialen Unterschiede bei der frühkindlichen Bildung müssten reduziert werden. Auch müsste die Qualifikation des Personals deutlich verbessert werden. Im Bericht warnen die Wissenschaftler angesichts der finanziellen Mammutaufgabe des Kita-Ausbaus für die unter Dreijährigen vor der Einführung des geplanten Betreuungsgeldes. Dies war vom bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) heftig kritisiert worden, da die Wissenschaftler laut Arbeitsauftrag in ihrem Bericht die Situation des Bildungssystems nur beschreiben sollen - ohne Empfehlungen abzugeben.

In den deutschen Schulen ist inzwischen fast jeder zweite Lehrer (48 Prozent) älter als 50 Jahre. Von den Beschäftigten in allen Bildungseinrichtungen sind dies 38 Prozent.