Der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Meinhardt geht im Streit um das Betreuungsgeld auf Konfrontationskurs zu CSU-Chef Horst Seehofer. Der bayerische Ministerpräsident kontert umgehend.

München. CSU-Chef Horst Seehofer hat den Berliner Koalitionspartner FDP mit deutlichen Worten zu einem Verzicht auf weitere Kritik am geplanten Betreuungsgeld aufgefordert. Seehofer sagte am Dienstag in München in Richtung Liberale: „Die sollen jetzt endlich mal schweigen und schlicht und einfach anwesend sein im Deutschen Bundestag und umsetzen, was beschlossen ist.“ Der bayerische Ministerpräsident fügte hinzu: „Man kann nur umsetzen, wenn man anwesend ist.“

Die für vergangenen Freitag geplante erste Lesung des Gesetzes war gescheitert, weil zuvor die Beschlussunfähigkeit des Bundestages wegen der geringen Zahl anwesender Abgeordneter festgestellt wurde. FDP-Chef Philipp Rösler regte anschließend Gespräche über Veränderungen an dem Vorhaben an. Daraufhin drohte Seehofer am Wochenende mit einem Bruch der Berliner Koalition, falls das Betreuungsgeld scheitert.

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Die FDP war im Streit um das Betreuungsgeld auf Konfrontationskurs zur CSU gegangen. „Ich lasse mir als gewählter FDP-Bundestagsabgeordneter nicht vom bayerischen Ministerpräsidenten vorschreiben, wie ich beim Betreuungsgeld abzustimmen habe“, sagte Patrick Meinhardt der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Der Herr aus München soll einfach rhetorisch abrüsten und seine Drohgebärden ablegen“, forderte der FDP-Politiker. In der Koalition werde selbstverständlich weiterverhandelt. In der jetzigen Form werde der Gesetzentwurf nicht durchgehen. Die Liberalen fordern eine Wahlfreiheit für die Länder, ob die Mittel des Bundes ins Betreuungsgeld oder in den Ausbau der Krippen fließen sollen.

Man verfolge das Gesetzesvorhaben „mit Nachdruck“, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Durch das Verhalten der Opposition sei der Zeitplan etwas durcheinander gekommen, aber das Gesetz befinde sich natürlich weiter in der parlamentarischen Beratung. Die CSU pochte am Montag auf Vertragstreue. Aus der FDP gab es jedoch erneut Gegenstimmen.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte in München, Rösler habe das Vorhaben mit vereinbart. Es sei verwunderlich, wenn Rösler jetzt davon Abstand nehme. Dobrindt mahnte mit Blick auf Abstimmungen im Bundestag: „Wenn eine Regierung es nicht schafft, dass ihre Entscheidungen Mehrheiten bekommen, ist sie keine Regierung mehr.“ Dies sei ein „Grundprinzip“ in der Politik.

Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), bezeichnete das eilige Gesetzgebungsverfahren zum Betreuungsgeld als „Fehler“ und rief die eigenen Reihen zur Ordnung. „Beim Betreuungsgeld brauchen wir jetzt ein geordnetes Verfahren. Es war ein Fehler, den Versuch zu unternehmen, das Betreuungsgeld in aller Eile durch den Bundestag bringen zu wollen“, sagte Laurischk der „Rheinischen Post“. Der Ball liege jetzt im Spielfeld der Union. CDU und CSU müssten sich einigen. „Die hartleibige Haltung der CSU macht es der CDU schwer, dem Betreuungsgeld zuzustimmen. Das ist der zentrale Punkt in der Debatte.“

Grünen-Chef Cem Özdemir bezeichnete die geplatzte Beratung über das Betreuungsgeld am Freitag als Paukenschlag. Sicher sei der eine oder andere Koalitionspolitiker der Sitzung auch aus inhaltlichen Gründen ferngeblieben. Der Parteivorsitzende ermahnte Union und FDP aber, nun nicht „im Schmollwinkel“ zu verharren.

Einen offenen Streit gab es am Montag zwischen dem Sprecher des Justiz- und des Familienressorts. Der Sprecher von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte am Wochenende gesagt, das Nebeneinander von Betreuungsgeld und Elterngeld sei vom FDP-geführten Justizministerium in der Ressortabstimmung „ausdrücklich gefordert worden, damit Alleinerziehende nicht benachteiligt werden“. Der Sprecher von FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wies dies am Montag ausdrücklich zurück. Das Justizressort „hat nie gefordert, dass das parallel läuft“. Das Familienministerium blieb jedoch bei seiner Darstellung.

Rösler hatte zuvor eine gleichzeitige Auszahlung von Elterngeld und Betreuungsgeld im 13. und 14. Lebensmonat des Kindes kritisiert. Dies müsste vermieden werden. (kna/dapd)