Mit dem neuen Programm setzen die Liberalen vor allem auf Wachstum, fordern solide Haushalte und eine Regulierung der Finanzmärkte.

Karlsruhe. Die FDP hat sich bei ihrem Parteitag in Karlsruhe ein neues Grundsatzprogramm gegeben. Darin wollen sich die Liberalen als moderne, thematisch breit aufgestellte Partei präsentieren. Die "Freiheitsthesen der FDP für eine offene Bürgergesellschaft" gelten als Fortentwicklung der Wiesbadener Grundsätze aus dem Jahr 1997. Davor bildeten das Liberale Manifest von 1985 und die Freiburger Thesen von 1971 die Leitlinien der Parteiarbeit.

+++Rösler und Kubicki, Freunde auf Zeit+++

+++Die FDP gibt sich ein neues Grundsatzprogramm+++

Vor allem die Begriffe Wachstum und Fortschritt ziehen sich wie ein roter Faden durch das Programm. Parteichef Philipp Rösler hatte das Thema Wachstum zu Jahresbeginn zum neuen Leitmotto erhoben. Im Grundsatzprogramm heißt es dazu: "Wachstum ist für uns weit mehr als Wirtschaftswachstum, es ist ein Wesenszug freier Gesellschaften." Neben Wirtschaftswachstum gehört für die Liberalen dazu auch die Chance auf Entfaltung und Entwicklung des Einzelnen. Als Lehre aus der Euro-Krise fordert die FDP eine Regulierung der Finanzmärkte. Die Liberalen machen sich zudem für solide Haushalte stark. Für die Bürger soll die Belastung durch direkte Steuern nie mehr als 50 Prozent betragen.

"Die Grundsatzdebatte tut der Partei gut. Das neue Programm ist zwar nicht der ganz große, aber immerhin ein gemeinsamer Wurf", befand Hamburgs FDP-Chefin Sylvia Canel. "Etwa im Bereich Digitalisierung und demografischer Wandel hätte ich mir mehr Perspektiven und Visionen gewünscht. Da müssen wir noch mal ran."

Die wichtigsten Positionen des Programms

Freiheit: Die FDP sieht sich als einzige Partei, die die Freiheit des Einzelnen zum Maß, Mittel und Zweck ihrer Politik macht. Die Konservativen von der Union setzten auf die Autorität von Staat, Stand oder Kirche. „Wir Liberale vertrauen dem Menschen mehr als dem Staat.“

Wachstum: Nach zehn Jahren Steuersenkungspolitik mit dem Ruf nach „mehr Netto vom Brutto“ unter Ex-Parteichef Guido Westerwelle will sich die FDP auf Wachstum und Sanierung der Staatsfinanzen (Stichwort: „Politik auf Pump beenden“) konzentrieren. Die Belastung durch direkte Steuern soll nie mehr als 50 Prozent betragen. Das sollte im Grundgesetz verankert werden.

Digitale Welt/Urheberrecht : In der digitalen Welt wollen die Liberalen die Privatsphäre der Nutzer schützen. Die totale Verdatung eines Menschen sei unzulässig. Ebenso müsse geistiges Eigentum durch ein modernes Urheberrecht geschützt sein.

Finanzmarkt: Die FDP warnt vor zu viel Staatseinfluss in der Wirtschaft und bei der Bekämpfung der Finanzkrise. Zu große Banken, Fonds oder Konzerne könnten die soziale Marktwirtschaft bedrohen.

Europa: Die FDP bekennt sich als Europa-Partei zu einer tieferen EU-Integration. Liberale Vision bleibt ein europäischer Bundesstaat. ENERGIE: Die Energiewende mit dem Atomausstieg will die FDP entschlossen, aber mit Vernunft und Augenmaß vorantreiben. Strompreise für Industrie und Bürger müssten bezahlbar bleiben. Neben neuen Stromnetzen und Ökoenergie brauche Deutschland kurz- und mittelfristig auch neue, hoch effiziente Gas- und Kohlekraftwerke.

Gleichstellung: Schwule und lesbische Lebensgemeinschaften sollen überall rechtlich gleichstellt sein. „Für Liberale ist es normal, verschieden zu sein. Anders zu sein, ist kein Defizit.“

Familie: Auch die FDP sieht Alleinerziehende, Patchwork-Familien oder gleichgeschlechtliche Paare als familiären Alltag. „Liberale wollen allen Menschen ermöglichen, sich für eine Familie und damit die Verantwortung für Kinder zu entscheiden.“

Bürgergeld: Die Liberalen bekennen sich zur Sicherung eines Existenzminimums. Mit einem liberalen Bürgergeld sollen die unzähligen Sozialleistungen in einem System zusammengefasst werden.

Gesundheit: Freie Wahl des Arztes, des Krankenhauses, der Krankenversicherung und der Therapie bleiben Merkmale eines freiheitlichen Gesundheitssystems. Die Umlagefinanzierung der Sozialversicherungen sei dem demografischen Wandel nicht gewachsen. Gebraucht werde mehr Kapitaldeckung – besonders in der Pflege.

Zuwanderung: Deutschland soll ein Leuchtturm für qualifizierte Ausländer werden, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Zuwanderer müssten sich zur Rechtsordnung bekennen und die deutsche Sprache beherrschen. Die doppelte Staatsbürgerschaft für Kinder von Ausländern mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht soll ausgeweitet werden.