„Das Ziel, das mit dem Wechsel von Westerwelle zu Rösler angepeilt war, nämlich die FDP aus dem Tief zu holen, das ist bisher offensichtlich nicht erreicht“, sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel.

Berlin/Baden-Baden. Wie geht es weiter mit der FDP? Das ist die zentrale Frage, die sich den Parteimitgliedern vor dem Bundesparteitag am Samstag stellt. Und sich daran anschließend: Wie geht es weiter mit FDP-Chef Philipp Rösler, der es bislang nicht geschafft hat, die Partei aus dem Umfragentief zu reißen? Um eine Personaldebatte zu vermeiden, ruft die FDP-Führung zur Geschlossenheit auf. „Wir sind immer dann erfolgreich, wenn wir geschlossen auftreten“, sagte Rösler der „Bild“-Zeitung. Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger rief im ZDF dazu auf, „im Team“ zu arbeiten. Die Spitzengremien der Liberalen treffen sich an diesem Freitag zur Vorbereitung des Bundesparteitags. Kurz zuvor äußerte sich Entwicklungsminister Dirk Niebel jedoch enttäuscht über die bisherige Amtszeit von Rösler.

„Das Ziel, das mit dem Wechsel von (Guido) Westerwelle zu Rösler angepeilt war, nämlich die FDP aus dem Tief zu holen, das ist bisher offensichtlich nicht erreicht“, sagte Niebel der Heidelberger „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Freitag). Zugleich warnte er vor einem erneuten Wechsel an der Spitze, nur um des Wechselns willen.

Rösler betonte unterdessen, er habe die Liberalen als Partei der Mitte neu ausgerichtet. „Wir vertreten die Interessen der arbeitenden Mitte in unserer Gesellschaft. Wir stehen für Wohlstand durch Wachstum, bessere Bildung und mehr Bürgerfreiheit“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Die FDP wisse um ihre Verantwortung „als einzig verbleibende Partei der Mitte, während alle anderen nach links marschieren“. Der Parteitag werde entsprechende Signale senden.

Zuversichtlich äußerte sich Rösler zum Bestand der schwarz-gelben Koalition. „Inhaltliche Auseinandersetzungen sind normal, wenn um beste Lösungen hart gerungen wird“, sagte der FDP-Chef. Die Koalition werde alle wichtigen Streitpunkte klären – „mal schneller, mal mühsamer“. Wichtig sei der gemeinsame Erfolg. Spekulationen um Ampelkoalitionen mit SPD und Grünen wies Rösler zurück. „Für uns stehen keine Farbenspiele im Vordergrund, sondern Inhalte.“

Der frühere Bundesaußenminister Klaus Kinkel erwartet in Karlsruhe einen Ruck für die Liberalen. „Man darf jetzt nicht aus den schlechten Umfragen und Stimmungen heraus den Niedergang der FDP beschwören. Wir werden wieder aufstehen“, sagte Kinkel dem „Badischen Tagblatt“ (Freitag). Man müsse den „Menschen draußen sagen: Gebt der FDP eine Chance. Wir glauben, dass sie sie verdient hat.“ Rösler brauche jede Unterstützung, „die werden wir ihm auch geben“, betonte Kinkel. „Er ist unser Parteivorsitzender und er hat es verdammt schwer.“

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Beim 63. ordentlichen Bundesparteitag an diesem Samstag und Sonntag verabschiedet die FDP ein neues Grundsatzprogramm. Erwartet werden dazu mehr als 660 Delegierte. Der Parteitag findet nur wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen statt. In beiden Ländern muss die FDP um ihren Wiedereinzug in die Landesparlamente fürchten.

Döring geht von Wiedereinzug der FDP in Landtage aus

Für FDP-Generalsekretär Patrick Döring ist das kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Er sieht seine Partei vielmehr im Aufwind. Im Südwestrundfunk (SWR) sagte Döring am Freitag vor dem Bundesparteitag, er rechne mit dem Wiedereinzug der FDP in die Landtage von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Er betonte: „Die Umfragelage, die Wahlkampfsituation, die Motivation der Parteifreunde vor Ort zeigen: wir werden in beiden Ländern gute Ergebnisse für die FDP bekommen.“ Dazu trage auch die Arbeit der Freien Demokraten im Bund bei.

„Angesichts der Lage Deutschlands mit herausragend guten Wirtschaftsdaten und niedrigsten Arbeitslosenzahlen gibt es keinen Grund, den Anteil der FDP in Regierungsverantwortung kleiner zu machen als er ist“, sagte Döring. (dpa/dapd/abendblatt.de)