Familienministerin Kristina Schröder gerät immer stärker unter Druck. Jetzt meldet sie sich selbst zu Wort und sucht mit einem Buch die Offensive.

Berlin. Die Ruhe um Kristina Schröder, 34, war auffallend. Als in den Tagen um Ostern der Streit um das Betreuungsgeld - von dessen Gegnern auch Herdprämie genannt - zwischen CDU und CSU zu eskalieren drohte, erholte sich die zuständige Ministerin im Urlaub. Die Mutter eines Kleinkinds hätte sich da schon noch einmischen können, aber sie schwieg ganz bewusst. Schröder hob sich die Rückkehr in den Mittelpunkt lieber auf - für jetzt. Die CDU-Politikerin ist zurück, und sie hat sich in den Angriffsmodus begeben.

Heute will sie ihr neues Buch vorstellen. "Danke, emanzipiert sind wir selber" heißt es. Was Schröder damit will? Na klar, noch eine Debatte. Eine um das Selbstverständnis von Frauen, um Feminismus, um "das richtige Frauenleben", wie Schröder es in der "Bild am Sonntag" nannte. Im Buch attackiert Schröder den Feminismus als "quasireligiöse Weltanschauung". Sie teilt kräftig aus und wird wohl auch für ihr Buch einstecken müssen.

Dabei steht die Familienministerin ohnehin schon bei zwei gesellschaftspolitischen Streitfeldern - bei besagtem Betreuungsgeld und bei der Frauenquote - im Fokus von Aufmerksamkeit und scharfer Kritik. Da ist zum einen ihr Vorschlag, das ab 2013 geplante Betreuungsgeld an vorgeschriebene Kinderarztuntersuchungen zu knüpfen, der die Debatte noch einmal kräftig angeheizt hat. Und da ist nun auch Schröders indirekte Rücktrittsdrohung für den Fall, dass mit ihr als Ministerin eine starre Frauenquote eingeführt werden soll. Schröder bietet ihren Gegnern - und die befinden sich zur Genüge auch in der eigenen Partei - mehr Angriffsfläche denn je.

Während parteiinterne Widersacher Schröders wie Sozialministerin Ursula von der Leyen, die prominenteste Verfechterin einer festgelegten Frauenquote in Spitzenpositionen von Unternehmen, lieber zu Schröders Angriffslust schweigen, giftet die Opposition umso beherzter die CDU-Politikerin an. "Dass ausgerechnet die Frauenministerin ihre politische Zukunft von der Verhinderung der gesetzlichen Quote abhängig macht, ist paradox und eine Zumutung für die Frauen in unserem Land", sagte SPD-Vize Manuela Schwesig dem Abendblatt. Die gesetzliche Quote werde 2013 von einer rot-grünen Bundesregierung eingeführt werden, "wenn die europäische Kommission nicht schon vorher aktiv wird und Frau Merkel vor vollendete Tatsachen stellt", so Schwesig weiter. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin erinnerte an die parteiübergreifende "Berliner Erklärung" für eine Frauenquote, die von vielen Abgeordneten und gesellschaftlichen Kräften - auch ihr - unterschrieben worden sei. Nur Frauenministerin Frau Schröder habe das nicht getan, so Schwesig.

+++ Der Kampf gegen feministische Rollenbilder +++

Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast nahm Schröders Rücktrittsdrohung aufs Korn: "Ich nehme gern die feste Frauenquote und verzichte dafür auf Frau Schröder", sagte Künast dem Abendblatt. Wenn Schröder ihren Aufgaben nicht nachkommen wolle, dann müsse sie beiseitetreten und anderen die Möglichkeit geben, anzupacken. Zugleich kündigte Künast einen weiteren überparteilichen Vorstoß für die feste Quote an: "Die Geduld der Frauen im Bundestag ist langsam am Ende - ein fraktionsübergreifender Antrag zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote wird kommen." Frau Schröder müsse erkennen, dass sie in einer Außenseiterposition ist. "Selbst der Sozialdienst katholischer Frauen in Bayern fordert die Ministerin auf, das Vorhaben zu stoppen", so Künast.

Auch ohne Zutun der Oppositionsparteien streiten CDU und CSU weiter um Schröders Pläne, die Auszahlung des Betreuungsgeldes an Arztbesuche zu knüpfen. Die CSU hält nichts von der Idee: "Wir weichen von den bisherigen Vereinbarungen kein Jota ab", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der "Frankfurter Rundschau". Die frühkindliche Untersuchung sollte eine Selbstverständlichkeit sein: "Einen Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld gibt es nicht."

Arbeitgeber und Gewerkschaften lassen ebenfalls nicht nach, in seltener Einigkeit das Vorhaben zu torpedieren. Das Betreuungsgeld sei "ein Rückschritt und gefährdet wichtige Ziele der Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Familienpolitik. Es konterkariert die Anstrengungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie", heißt es in einer Erklärung von BDA und DGB. Für Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt würde das Vorhaben "das Problem des Fachkräftemangels weiter verschärfen".

Das Betreuungsgeld soll voraussichtlich ab Mitte 2013 an Eltern ausgezahlt werden, die für ihre Kleinkinder keine staatlich geförderte Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Dafür soll es pro Monat zunächst 100, von 2014 an 150 Euro geben. Der Gesetzentwurf soll nunmehr bis zur Sommerpause vorliegen. Eigentlich sollte das Papier schon zu Ostern fertig sein.