Kristina Schröder verheddert sich im Kampf um Frauenquote und Betreuungsgeld.

Wenn Kristina Schröder heute Abend in der Backfabrik im Szeneviertel Prenzlauer Berg ihr erstes Buch vorstellt, kann sich die 34-jährige Jungautorin einer breiten medialen Öffentlichkeit sicher sein. "Danke, emanzipiert sind wir selber!" heißt das Erstlingswerk der Bundesfamilienministerin. Das Trotzige im Titel passt dabei bestens in das Bild, das Kristina Schröder derzeit abgibt. Ob in der Diskussion um die von ihr ungeliebte Frauenquote oder beim Hickhack um das geplante Betreuungsgeld - je länger die Unionspolitikerin im Amt ist, desto verbissener wirkt sie.

Offenbar will sie auf Biegen und Brechen beweisen, dass andere nicht recht haben - vor allem andere Frauen. Und dabei kämpft sie am liebsten an Fronten, die gar keine sind oder sein sollen, gegen Scheinriesen, die immer kleiner werden, je näher sie kommen. Exemplarisch ist ein Satz, der aus ihrem Buchmanuskript durchgesickert ist: "Ich glaube aber, dass Feministinnen Frauen heute keinen Gefallen mehr tun, wenn sie die Gleichheit mit dem Mann zum maßgeblichen Kriterium für Gleichberechtigung erklären."

"Hallo, Frau Schröder!", möchte man rufen, wir haben das Jahr 2012! Es gibt zwar noch Coaching-Kurse, in denen aufstrebenden Frauen empfohlen wird, dicke Autos zu fahren und sich die Gesprächstaktiken von Männern anzueignen. Aber der Feminismus à la Alice Schwarzer aus den Achtzigerjahren ist längst passé. Und dass mit Attributen wie "Rabenmutter" oder "Herdprämie" nicht die Lust zum Kinderkriegen befördert wird, ist so neu wie Kosmetik für Männer.

Eiszeit herrscht auch zwischen der Familienministerin und ihrer Amtsvorgängerin, der Quotenbefürworterin Ursula von der Leyen. Es sei inzwischen oft einsam um Kristina Schröder im Bundestag, heißt es in Berlin, viele Frauen mieden das Gespräch mit ihr. Man mag die Rücktrittsforderung von Grünen-Chefin Claudia Roth an Schröder gestern als Oppositionsreflex sehen - auffallend ist, dass sich die Bundesfamilienministerin vorwiegend mit Geschlechtsgenossinnen auseinandersetzt. Aber was treibt Kristina Schröder an? Die Beweisführung, dass Frauen berufstätige Mütter sein können und dabei einen Rock anziehen? So weit sind wir längst.

Dass sie den Gesetzentwurf um des Koalitionsfriedens willen mit der CSU vom Tisch bekommen will, erscheint nachvollziehbar. Trotzdem ist es ein Akt ohne Rückgrat, denn hinter vorgehaltener Hand lehnt sie offenbar selbst das Betreuungsgeld für Eltern ab, die ihren Nachwuchs nicht in die Kita geben. Ihr Versuch, das ungeliebte politische Kind mit dem Zusatz einer verpflichtenden ärztlichen Untersuchung von Kleinkindern zu versehen, scheiterte gestern - an einer Frau. CSU-Kollegin Haderthauer kann sich an eine solche Vereinbarung nicht erinnern. Ganz nebenbei machte Schröder gleich ein neues Fass auf und forderte einen Anspruch für Teilzeitkräfte auf Wiederaufstockung in Vollzeit. Doch den gibt es bereits: Bei der Ausschreibung von Stellen müssen Frauen in Teilzeit, die wieder Vollzeit arbeiten wollen, bevorzugt berücksichtigt werden, gemäß Paragraf 9 im Teilzeit- und Befristungsgesetz.

Erfahrung per se ist kein hohes Gut, ebenso wenig wie die Geburt eines Kindes keine "Leistung" einer Frau ist. Aber es ist die Lebenserfahrung, die Amtsvorgängerinnen wie Rita Süssmuth (CDU) oder Renate Schmidt (SPD) der aktuellen Familienministerin voraushaben. Kristina Schröder, die 2002 bei ihrer Bundestagskandidatur selbst von der Frauenquote ihrer Partei profitierte, droht nicht nur als Erstgebärende im Ministeramt, sondern als jüngste antifeministische Familienministerin in die Bücher einzugehen. Denn käme die starre Quote für Frauen in Führungspositionen, will sie zurücktreten. Und wenn Schröder das leidige Thema Betreuungsgeld bis zur Sommerpause nicht anständig vom Tisch bekommt, wird eine andere Frau ziemlich ungehalten - im Bundeskanzleramt.