In einem Video sollen Journalisten, die kritisch über die Koran-Verteilung berichteten, namentlich genannt und bedroht worden sein.

Hamburg. Wegen ihrer kritischen Berichterstattung über die bundesweite Verteilung von Gratis-Koranen werden Journalisten einem Zeitungsbericht zufolge eingeschüchtert. Mitarbeiter der "Frankfurter Rundschau“ und des "Tagesspiegel“ seien in einem Video auf Youtube namentlich genannt, beschimpft und offen bedroht worden, berichtete die Tageszeitung "Die Welt“ (Donnerstagausgabe). In dem Beitrag, der von Karfreitag bis Mittwochmorgen auf Youtube zu sehen war, wurden auch private Fotos der Autoren gezeigt. Zwischen dem Videoproduzenten und dem Organisator der Verteilaktion gebe es dem Bericht zufolge eine enge persönliche Verbindung.

"Wir haben nun detaillierte Informationen über die Affen und Schweine, die verlogene Berichte über DawaFFM und viele andere Geschwister veröffentlicht haben", zitiert "Die Welt" die Computerstimme im Video, das auch zur Einschüchterung der künftigen Berichterstattung betragen soll. Die DawaFFM ist eine Salafisten-Gruppe im Raum Frankfurt. "Wir besitzen weitere Namen, die wir zu einem anderen Zeitpunkt offenlegen werden", heißt es weiter in dem Video. Die beiden bedrohten Journalisten sollen nun der "Welt" zufolge von Sicherheitsbehörden betreut werden.

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Vor allem in Niedersachsen und Hessen waren in den vergangenen Monaten schätzungsweise 300.000 Korane gratis unters Volk gebracht worden. Union, SPD und Grüne äußerten sich besorgt über die Aktion.

FDP-Innenexpertin: Wenig Chancen für Verbot von Koran-Verteilung

Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz sieht wenig Chancen für ein Verbot der angekündigten massenweisen Verteilung von Koranen durch Salafisten. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage, sagte die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der "Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). "Solange bei der konkreten Verteilung in Fußgängerzonen oder anderswo keine Gesetze verletzt werden, ist ein Verbot nicht mit dem Rechtsstaat vereinbar.“ Die Verfassung schütze das Werben für den eigenen Glauben, solange dieser nicht die Verfassung ablehne.

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Radikalislamistische Salafisten hatten erklärt, in Fußgängerzonen auch von Großstädten in Nordrhein-Westfalen sowie im Internet 25 Millionen Koran-Exemplare an Nichtmuslime abgeben zu wollen. Unions-Fraktionsvize Günter Krings (CDU) hatte gefordert: "Wo immer dies möglich ist, muss diese aggressive Aktion gestoppt werden.“ Auch Politiker von Grünen und SPD wandten sich gegen die Aktion. Die Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel stoppt nach Angaben eines Sprechers in der "Welt“ die Lieferung der Gratis-Korane.

Der NRW-Verfassungsschutz beobachtet die Vorgänge. Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Islam und streben einen Gottesstaat an. In NRW leben etwa 500 Salafisten. Längere Zeit gab es einen Schwerpunkt in Mönchengladbach, inzwischen gilt eine Moschee in Solingen als ein Treffpunkt.

Für den Religionssoziologen Rauf Ceylan ist die Koran-Verteilung in erster Linie eine große PR-Kampagne der Salafisten. "Fundamentalistische Gruppen wollen vor allem eins: Aufmerksamkeit“, sagte der Osnabrücker Islamwissenschaftler der "Neuen Osnabrücker Zeitung“. Piltz forderte mehr Aufklärung, welche Botschaft friedlicher Glaubensausübung der Koran für die weit überwiegende Mehrheit der Muslime enthalte. "Die schwarzen Schafe des radikalen Salafismus dürfen nicht mit dem Islam verwechselt werden“, sagte die Bundestagsabgeordnete aus Düsseldorf. (dapd/dpa/abendblatt.de)