Die Vorsitzende der Linkspartei gab am Dienstagabend bekannt, dass sie aufgrund der Erkrankung ihres Mannes ihr Amt niederlegen wird.

Berlin. Gesine Lötzsch tritt als Parteichefin der Linkspartei zurück. Die auch innerparteilich umstrittene Vorsitzende begründete den Schritt am späten Dienstagabend mit einer Erkrankung ihres Mannes. Die familiäre Situation lasse eine häufige Abwesenheit von ihrem Wohnort Berlin nicht mehr zu, hieß es in einer per E-Mail verbreiteten Erklärung. Lötzsch kündigte an, sie wolle sich in Zukunft auf ihr Mandat als Bundestagsabgeordnete konzentrieren. Lötzsch führte die Partei bislang gemeinsam mit dem Co-Vorsitzenden Klaus Ernst.

Die Linkspartei wollte ihre zukünftige Führung ursprünglich nach den Wahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bestimmen. Die neuen Parteichefs sollten beim Göttinger Parteitag Anfang Juni gewählt werden. Bislang hatten Lötzsch und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch ihr Interesse angemeldet.

Lötzsch und Ernst standen seit Monaten wegen schwacher Umfragewerte unter Druck. Parteiintern wurde bereits damit gerechnet, dass bei einer Niederlage bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai die Debatte um die Vorsitzenden neu angefacht wird.

Die Linkspartei könnte Umfragen zufolge in Nordrhein-Westfalen den Wiedereinzug in den Landtag verpassen. Damit würde die aus PDS und WASG hervorgegangene Partei fünf Jahre nach ihrer Gründung ein verheerendes Signal aussenden. Die Wahl zwischen Rhein und Ruhr gilt als wichtiger Test für die Bundestagswahl 2013. Beobachtern zufolge könnte die Linkspartei ein Opfer des Erfolgs der Piratenpartei werden, die zuletzt auch bundesweit deutlich an Zustimmung gewann. Beide Parteien schöpfen aus dem großen Reservoir der Politikverdrossenen, die sich von Union, SPD, FDP und Grünen abwenden. Nach Umfragen gelingt es den Piraten aber besser als der Linkspartei, Protestwähler anzuziehen.

Kurzportrait: Auf Ochsentour zum Parteivorsitz

Eigentlich wollte sich Gesine Lötzsch noch einmal als Linke-Chefin zur Wahl stellen. Doch nur zwei Monate vor dem Parteitag macht die 50-Jährige nun überraschend ihren Platz frei - aus persönlichen Gründen. Leicht gefallen ist ihr die Entscheidung nach eigener Aussage nicht.

Nach der Wende arbeitete sich Lötzsch in der von der SED über die PDS bis zur Linke mehrfach gewandelten Partei kontinuierlich nach oben – vom Bezirksparlament Lichtenberg über den Vize-Fraktionsvorsitz der vereinigten Partei Die Linke im Bundestag bis zum Parteivorsitz, den sie seit Mai 2010 zusammen mit Klaus Ernst innehatte.

Bevor die gebürtige Ost-Berlinerin 2002 für die PDS auf Anhieb den Sprung in den Bundestag schaffte, war die Diplom-Lehrerin für Deutsch und Englisch bundesweit unbekannt. Die Stunde ihres persönlichen Erfolgs war mit der größten Niederlage der PDS verbunden: Die Partei scheiterte nach einem innerparteilichen Machtkampf an der Fünf-Prozent-Hürde und flog aus dem Bundestag. Nur Lötzsch und ihre PDS-Kollegin Petra Pau gewannen Direktmandate.

Den beiden fiel die undankbare Aufgabe zu, als Fraktionslose die PDS-Fahne im Bundestag hochzuhalten. Nach dem Wiedereinzug der PDS 2005 erarbeitete sich Lötzsch im Bundestag einen guten Ruf als kompetente Haushaltsexpertin. 2009 zog die Mutter zweier Kinder erneut mit einem Direktmandat in den Bundestag ein.

Parlamentarische Erfahrungen erwarb Lötzsch bereits zuvor auf Landesebene. Von 1991 bis 2002 saß sie für die PDS im Berliner Abgeordnetenhaus, von 1991 bis 1993 auch als Fraktionsvorsitzende. Die promovierte Philologin war 1984 in die SED eingetreten und seit 1990 Mitglied der PDS. Lötzsch galt in dieser Zeit als durchsetzungsstark, aber auch als nicht ganz einfach im Umgang. (dpa/dapd/reuters/abendblatt.de)