Die CSU plant eine Offensive zum Betreuungsgeld und die FDP pocht auf eine höhere Pendlerpauschale. Nirgends ist man sich einig

Berlin. Vier Tage hat Horst Seehofer sich zurückgehalten. Musste er auch, immerhin wäre es reichlich kontraproduktiv gewesen, von der geplanten inneren Einkehr abzuweichen. Mit seiner Ehefrau Karin hatte sich der CSU-Chef über Ostern ins Kloster zurückgezogen, in die Zisterzienserinnen-Abtei Waldsassen in der Oberpfalz. Fast, aber auch nur fast, hätte er von dort aus etwas zum Streit um das Betreuungsgeld gesagt, bekennt Seehofer am Montag danach. "Ich war nahe dran." Doch er hat es geschafft, sich die nächste Tirade aufzusparen. Dafür wurde der bayerische Ministerpräsident jetzt aber umso deutlicher.

Es sei eine ganz entscheidende gesellschaftspolitische Weichenstellung, jene Eltern zu unterstützen, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen, platzte Seehofer am Rande seiner Brasilien-Reise in São Paolo heraus. Die CSU sei daher zu einer "großen Offensive" entschlossen, um vielen Informationsmanipulationen entgegenzutreten - "damit sich die Leute selber eine Meinung bilden können". So gelte es mit dem Märchen aufzuräumen, dass es um ein veraltetes Familienbild gehe. "Von einer Herdprämie kann keine Rede sein", so der CSU-Chef. Zugleich ermahnte Seehofer erneut CDU und FDP, sich an die Koalitionsbeschlüsse zu halten. Die CSU zeige sich seit drei Jahren sehr vertragstreu. "Wir verlangen von den anderen die gleiche Vertragstreue."

Unterstützung erhielt er von der familienpolitischen Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär (CSU). "Wir haben das Betreuungsgeld beschlossen und es wird als Barauszahlung kommen, wie es die CSU will", sagte sie dem Abendblatt. Das habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits klargemacht, und auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stehe hinter dem Vorhaben. "Wer das Betreuungsgeld jetzt attackiert, wird am Ende als Verlierer dastehen. Ich kann die andauernde Kritik aus der FDP und Teilen der CDU deshalb nicht nachvollziehen."

Der Bundesvorsitzende der Jungliberalen, Lasse Becker, äußerte sich dagegen kritisch. Er sagte im Deutschlandfunk, er kenne niemanden in der FDP, "der inhaltlich vom Betreuungsgeld überzeugt ist". Dieses sei "aus liberaler Sicht falsch". 23 CDU-Bundestagsabgeordnete hatten vergangene Woche in einem Brief an Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) angekündigt, dem Gesetz die Gefolgschaft zu verweigern. Das von der CSU initiierte Betreuungsgeld soll ab 2013 an Eltern gezahlt werden, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Dafür sind im ersten Jahr 400 Millionen und ab 2014 je 1,2 Milliarden Euro eingeplant. "Es war jahrhundertelang in Ordnung, wenn kleine Kinder in ihren Familien erzogen werden. Und jetzt tun die Kritiker des Betreuungsgeldes so, als ob Kinder weder Abitur machen noch studieren können, wenn sie nicht mit unter drei Jahren eine Kita besuchen", kritisierte Bär.

Auch beim Thema Pendlerpauschale findet die Koalition keinen gemeinsamen Weg. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) plädiert dafür, die Mehreinnahmen aus der Sprit-Steuer für eine höhere Pendlerpauschale zu nutzen. "Steigen die Spritpreise, dann steigen auch Einnahmen des Staates durch die Umsatzsteuer", sagte er zur Begründung. Der FDP-Chef geht damit auf Konfrontation zu Schäuble, der am Wochenende bekräftigte, an der Pauschale nichts zu ändern. Wie die "Süddeutsche Zeitung" gestern berichtete, würde eine Erhöhung vielen Autofahrern keinen oder nur einen geringen Vorteil bringen. Das Blatt beruft sich auf Berechnungen des Berliner Steuerprofessors Frank Hechtner. Demnach würden vor allem gut verdienende Alleinstehende profitieren.