Masar-i-Scharif. Bei ihrem überraschenden Truppenbesuch in Afghanistan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Zeitplan für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan in Zweifel gezogen. Im deutschen Feldlager Masar-i-Scharif sagte Merkel, der Aussöhnungsprozess in Afghanistan habe noch nicht solche Fortschritte gemacht, dass man sagen könne, "wir können hier heute abziehen". Und deshalb könne sie auch noch nicht sagen, dass man es bis 2013/2014 schaffe. Alle Kampftruppen der Nato, auch die der USA, sollen bis Ende 2014 vom Hindukusch abgezogen sein. In Regierungskreisen in Berlin hieß es später aber, Merkel habe den Zeitplan "ausdrücklich nicht infrage gestellt". Die FDP erklärte, sie halte an dem Plan fest; die Grünen forderten Merkel auf, über diese Frage mit den Parteien zu reden.

Merkels Blitzvisite fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt; die Atmosphäre in Afghanistan ist nach dem Amoklauf eines US-Soldaten mit 16 zivilen Todesopfern gefährlich aufgeladen. Die Taliban drohten mit Vergeltungsschlägen, die US-Streitkräfte wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Der Soldat, ein 38-jähriger Feldwebel, zweifacher Vater und dreifacher Veteran des Irak-Einsatzes, hatte nachts das US-Feldlager in Pandschwai verlassen, war in drei Privathäuser eingedrungen und hatte die schlafenden Menschen, darunter Kinder, erschossen sowie teilweise verbrannt.