Die Vorstellung der Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei war etwas eigenwillig. Gysi, Lötzsch und Ernst wirken zunehmend nervös.

Berlin. Klein, zart und ein wenig verloren wirkt die fröhlich, aber ungläubig lächelnde Beate Klarsfeld in den Räumen der Bundespressekonferenz . Was es für sie bedeutet, so plötzlich auf das glatte, kalte Parkett der Berliner Hauptstadtpolitik geraten zu sein, scheint der 73 Jahre alten Publizistin noch nicht so recht klar zu sein. Die Gelegenheit ihrer Vorstellung als Gegenkandidatin zu Joachim Gauck für das Präsidentenamt vor der Hauptstadtpresse nutzt Frau Klarsfeld dazu, ausführlich die Verdienste ihres Lebens zu schildern. Wie sie 1968 - "unter Lebensgefahr, ich hätte ja erschossen werden können" - Kanzler Kurt Georg Kiesinger wegen seiner NS-Vergangenheit ohrfeigte, wie sie in Südamerika den Nazi-Massenmörder Klaus Barbie verfolgte, aber auch, wie sie sich in Warschau ankettete, um gegen Antisemitismus im kommunistischen Polen zu protestieren - und wie sie in Frankreich, in den USA und vor allem in Israel höchste Ehren und Anerkennung erhielt.

In Deutschland hat man ihr bisher das Bundesverdienstkreuz verweigert. Und das, obwohl sie all das für das Ansehen Deutschlands im Ausland getan habe, als eine "exemplarische Deutsche", die die Vergangenheit nicht unter den Teppich kehren, sondern "ohne Schuldgefühl" ihre "Pflicht" tun wollte: aus eigenem Antrieb für die Bestrafung unbehelligter Nazi-Täter zu sorgen und aktive Solidarität mit den jüdischen Opfern sowie mit Israel zu zeigen.

Dass sie von den Verhältnissen im Deutschland der Gegenwart eher wenig Kenntnis hat, wird schnell deutlich, als sie mit Fragen jenseits ihres Lebenswerkes konfrontiert wird. Welche thematischen Schwerpunkte sie sich denn über den Antifaschismus hinaus für ihre Amtszeit setzen wolle? Dass sie für ein NPD-Verbot und eine raschere Aburteilung neonazistischer Täter ist, versteht sich ja fast von selbst. Weitergehende politische Aussagen habe sie sich in der Kürze der Zeit nicht überlegen können, sagt sie leicht verlegen und rettet sich in Allgemeinheiten. Für soziale Gerechtigkeit? Ja, dafür sei sie natürlich schon immer. Immer häufiger blickt sie unsicher zu dem neben ihr sitzenden Gregor Gysi, der sie unter seine Fittiche genommen hat, ihr offenbar schwer verständliche Journalistenfragen erläutert und diese teils gleich selbst beantwortet.

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Die Zufriedenheit, mit der die Parteigranden Gysi, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst ihren prominenten Fang bei der Suche nach einem Gegenkandidaten zu Gauck präsentieren, weicht mit zunehmender Dauer einer gewissen Nervosität, die Veranstaltung könnte in eine Politklamotte abgleiten. Gleich zu Anfang wird deutlich, wie die Linken-Chefs die Nominierung Klarsfelds propagandistisch zu nutzen gedenken. Deren Präsidentschaft würde das Signal in die Welt senden, dass sich Deutschland wirklich grundlegend geändert habe, sagt Gysi. Mehrfach wird die stets eindeutig Israel-solidarische Beate Klarsfeld darauf angesprochen, ob sie denn die Nähe zu einer Partei nicht störe, in der als "Antizionismus" drapierte offene Israelfeindschaft grassiere und in der es Bundestagsabgeordnete wie Ulla Jelpke gebe, die das Existenzrecht Israels infrage stellten.

Gysi verbittet sich solche vermeintlichen Unterstellungen, und Lötzsch verweist immer wieder auf den Passus im neuen Grundsatzprogramm, mit dem die Partei sich zu eben jenem Existenzrecht bekenne. Sie tut so, als sei die Linke ganz selbstverständlich mit Israel im Reinen. Und man habe Frau Klarsfeld diese Position auch "erklärt".

Die Präsidentschaftskandidatin scheint das zu akzeptieren. Der Linken sei ihre klare positive Haltung zu Israel doch bekannt, und so müsse sie davon ausgehen, dass diese auch akzeptiert werde, sagt sie. In der Zeitung "Junge Welt" jedoch, die der Linkspartei nahesteht, wurde Klarsfeld bereits als "Kriegstreiberin" und "aggressive Zionismusapologetin" bezeichnet.

Einstweilen lässt sie sich ihre sichtliche Freude nicht trüben, in Deutschland noch einmal derart in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt zu sein. Würde sie Bundespräsidentin, verstünde sie das als "höchste Auszeichnung" für ihr Lebenswerk - als handele es sich dabei nicht um ein politisches Amt, in dem man sich erst einmal zu beweisen hat. Ihre deutsch-französische Doppelstaatsbürgerschaft würde sie auch im Falle ihrer Wahl behalten, sagt Beate Klarsfeld. Und bei den Wahlen in Frankreich werden sie und ihr Mann Serge für Nicolas Sarkozy stimmen, verrät sie zum Schluss. Da immerhin hätten sie eine Differenz, grummelt Gysi.