Generalbundesanwalt: Bis Herbst werden genügend Beweise für eine Anklage vorliegen. Lorenz Caffier fordert zentrale Ermittlungsstelle.

Osnabrück. Voraussichtlich im Herbst wird die Bundesanwaltschaft eine Anklage wegen der Mordserie der rechsextremistischen Zwickauer Terrorzelle vorlegen. Er sei zuversichtlich, dass bis dahin genügend Beweise vorliegen, sagte Generalbundesanwalt Harald Range der "Süddeutschen Zeitung". Die Aufklärung schreite zügig voran. Der Vorsitzende der Länder-Innenminister, Lorenz Caffier (CDU), fordert derweil eine bundesweite Zentrale für die Ermittlungen zur Mordserie. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann räumte ein, die Gefahren des Rechtsextremismus unterschätzt zu haben.

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Der Nachweis, dass Beate Zschäpe zur Terrorzelle gehöre, werde voraussichtlich gelingen, sagte der Generalbundesanwalt. Dafür spreche etwa, dass sie mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos jahrelang im Untergrund gelebt und dass sie ihre Wohnung angezündet habe, um Beweismittel zu vernichten. Anhaltspunkte dafür, dass sie unmittelbar an den Verbrechen beteiligt gewesen sei, gebe es aber nicht. Ob der Zelle über die Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie einer Polizistin weitere Mordtaten zuzurechnen seien – auch darauf gebe es keine Hinweise. Allerdings dürfte die Gruppe für weitere Banküberfälle verantwortlich sein, sagte Range.

Die Taten der Zwickauer Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) sind nach Einschätzung des Generalbundesanwalts Ausdruck eines geschlossenen nationalsozialistischen Weltbilds: „Es ging ihnen um die Vernichtung von Menschen, nur weil diese anderer Herkunft waren.“ Range hält sie allerdings für deutlich versierter als jene „Dumpfbacken“, die „ausländerfreie Zonen“ propagierten: „Der NSU-Terror ist eine durchaus überlegte Form: Wer kann sich schon so intelligent abschotten in unserer Gesellschaft, die so viele Möglichkeiten der Kontrolle hat?“ Niemand habe an Terroristen gedacht, die ihre Verbrechen ohne öffentliche Propaganda verübt haben könnten. Dies sei wohl eine wesentliche Ursache dafür, dass die Taten so lange unentdeckt geblieben seien.

Lorenz Caffier fordert unterdessen eine zentrale Ermittlungsstelle zur Aufarbeitung möglicher Versäumnisse zur Aufklärung der Mordserie. Ein solche Stelle verspreche die größten Erfolgsaussichten, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern fügte hinzu, er sei sich nicht sicher, ob es wirklich notwendig sei, den Bundestagsuntersuchungsausschuss, den Generalbundesanwalt sowie die Bund-Länder-Kommission parallel ermitteln zu lassen. Gleichwohl sei es nötig, diese zu unterstützen, da sie nun mit ihren Aufgaben betraut seien.

Bayerns Innenminister Herrmann hat eingeräumt, die Gefahren des Rechtsextremismus unterschätzt zu haben. „Brutale Gewalt gegen Ausländer war nicht auszuschließen, aber derart kaltblütig geplante Morde haben alle überrascht“, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“. Auch das raffinierte Vorgehen der Neonazis habe er so nicht erwartet. „Es ist absolut untypisch, dass sich die Terroristen nicht ihrer Taten rühmen. Den Tätern ist es dadurch über viele Jahre an Tatorten weit fern von ihrer ostdeutschen Heimat gelungen, die Polizei über ihre Herkunft und ihre Motive in die Irre zu führen.“ Mit Sorge verfolge der Minister, wie sich die Szene nach der Mordserie durch das Zwickauer Terror-Trio solidarisiere. „Die Rechtsextremisten treten dreister und aggressiver auf.“ Herrmann sagte weiter: „Wir müssen die mörderischen Gefahren des Rechtsextremismus noch ernster nehmen – dafür ist die Mordserie ein tragisches Lehrstück.“