Vor allem Nachwuchskräfte seien die Verlierer, beklagt ein Professor. Kluge Köpfe verließen die Unis

Hamburger Abendblatt: Ein W2-Professor verdient so viel wie ein Regierungsrat oder ein Gymnasiallehrer in der höchsten Altersstufe. Ist das wirklich zu wenig, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil bemängelt?

Prof. Christoph Schäfer: Das ist viel zu wenig. Denn das Grundgehalt wurde mit Einführung der W-Besoldungen deutlich gekürzt. Die Leistungszulagen können dies zwar ausgleichen, werden aber in der Regel nicht bei der Pension angerechnet. Zulagen sind reine Verhandlungssache. Es gibt Hochschullehrer, die weniger verdienen als ein Gymnasiallehrer, den sie ausgebildet und gerade geprüft haben.

Die Zulagen für Extraleistungen sollten doch die Bezahlung gerechter machen. Ist das nicht eingetroffen?

Schäfer: Das neue Besoldungssystem ist eindeutig eine Verschlechterung, vor allem für Nachwuchskräfte. Vor dem entscheidenden Ruf halten sich viele auf halben Stellen, mit Zeitverträgen oder Stipendien über Wasser und bekommen beim ersten Ruf gar nicht die Summen, die in den Besoldungslisten stehen. Der Berufungsschnitt liegt inzwischen bei über 40 Jahren.

In Baden-Württemberg haben Professoren das höchste Grundgehalt, in Berlin und Hessen das niedrigste. Gehen die besten Wissenschaftler in den Süden?

Schäfer: Das hängt vom Angebot ab. Nur durch Verhandlungen lassen sich heute angemessene Gehälter erzielen. Junge Wissenschaftler bekommen oft wenig, und das mit hohem Risiko, weil Zulagen verweigert werden, wenn sie Leistungsvorgaben nicht erfüllen. Wie aber sollen Geisteswissenschaftler jedes Jahr etwa hohe Forschungsgelder einwerben?

Ein W3-Professor in Baden-Württemberg hat 5529 Euro Grundgehalt, in Hamburg 5317 Euro. Die Abzüge sind gering. Ist das nicht viel Geld?

Schäfer: Die Gehaltsstruktur stimmt nicht, das hat auch das Gericht erkannt. Als Anreiz für Extraleistungen Zulagen zu bezahlen, dagegen ist nichts einzuwenden. Stattdessen wurde ein Teil des alten Gehalts als Zulage ausgewiesen und an unsichere Bedingungen geknüpft, die auch bei vollem Einsatz nicht immer erfüllt werden können. Dieses Besoldungssystem führt zur Abwanderung kluger Köpfe von der Uni in die Wirtschaft oder ins Ausland.