Bundesverfassungsgericht verbindet Status der Hochschullehrer mit Forderung nach höherem Grundgehalt - ein teures Vergnügen für die Länder.

Hamburg. Es ist eine frohe Kunde für Hochschullehrer - und wird wohl ein teures Vergnügen für die Länder: Professoren in unteren Gehaltsgruppen müssen mehr Geld verdienen, denn das Bundesverfassungsgericht kippte gestern eine Besoldungsregelung aus Hessen. Einem Chemieprofessor wurde mit sechs zu eins Richterstimmen (vier davon Professoren) höchstrichterlich bestätigt, dass sein Gehalt verfassungswidrig sei, da es ihm keinen angemessenen Lebensunterhalt ermögliche. Die Bezahlung von Professoren war im Jahr 2005 bundesweit neu geregelt worden und liegt in der Kompetenz der Länder.

Mit dem Urteil stärken die Richter das Recht von Beamten auf eine angemessene Bezahlung. Nach dem sogenannten Alimentationsprinzip müsse der Staat seinen Beamten einen "angemessenen Lebensunterhalt" gewähren. Die seit 2005 geltende Wissenschaftsbesoldung (W1, W2, W3) erlaubt es dabei, neben einem Grundgehalt noch Leistungszulagen zu zahlen. Dafür ist das Grundgehalt niedriger als vorher.

Der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, sagte, es sei "ein guter Tag für die deutsche Wissenschaft". Die Entscheidung bedeute, dass junge Wissenschaftler mit besserer Bezahlung rechnen könnten. "Es muss deutlich mehr Geld in das System", sagte Kempen. "Wir haben jetzt schon 2,4, und wir werden bald 2,7 Millionen Studierende haben, und das wird auch dauerhaft so bleiben."

Beamtenbund-Chef Peter Heesen forderte den Bund und die Länder auf, die Regeln zu korrigieren. "Wir brauchen dringend die Anhebung der Grundbesoldung für Professorinnen und Professoren, zumindest auf das Niveau der C-Besoldung vor der Reform 2005." Die W-Besoldung steigt im Gegensatz zum früheren C-Besoldungssystem nicht mehr an, je älter der Professor wird. Das Grundgehalt ist rund 25 Prozent niedriger als früher.

Doch gibt es ein Recht auf ein Gehalt jenseits der 4000 Euro? Oder besser: Verdienen Professoren wirklich zu wenig für ihren Status? Während die Hamburger Wissenschaftsbehörde das Urteil ausgiebig prüfen und nach möglichen Konsequenzen absuchen will, entgegnet Universitätspräsident Dieter Lenzen den Kritikern der Karlsruher Entscheidung: "Ein Professor ist durchschnittlich 42 Jahre alt, wenn er berufen wird. Und er verdient nach einem langen Weg der Qualifikation genauso viel wie eine Grundschullehrerin mit zwei Fächern nach sechs Semestern." Deshalb erkenne das Karlsruher Urteil die Bedeutung des Professorenamtes und seines Ranges in der Gesellschaft endlich an. Neben der Anhebung der Grundgehälter beabsichtige die Hamburger Universität, die zusätzlichen Leistungsbezüge so zu gestalten, dass sie ruhegehaltsfähig sind.

Laut Wissenschaftsbehörde bewegt sich Hamburg bei seiner Professorenbesoldung aktuell im oberen Bundesdrittel. Behördensprecherin Svenja Brandt sagte, in den vergangenen Jahren sei die Besoldung sogar gestiegen. Wurden anfangs 3260 Euro (W1), 3724 Euro (W2) und 4522 Euro (W3) gezahlt, sind es heute entsprechend 3869 Euro, 4401 sowie 5317 Euro.

Für Hartmut Schmidt, Landesvorsitzender des Hochschulverbandes, haben Professoren "weit mehr geleistet, als vergleichbar bezahlte Kollegen im Schuldienst". Insofern sei das Karlsruher Urteil ein Erfolg für die Hochschulen, weil damit wieder ein Anreiz für junge Kollegen vorhanden sei, eine Professur an der Universität anzustreben. "Denn die bisherige Besoldung war nicht gerade zum Nutzen der neu eingestellten Stelleninhaber."

Das vom Bundesverfassungsgericht angeprangerte "Missverhältnis", so Schmidt, zeige sich im Vergleich mit der Besoldungsgruppe A. Demnach erreiche ein W2-Professor nicht das Verdienstniveau eines jungen Regierungs- oder Studiendirektors in der Besoldungsgruppe A15. Und auch in der Privatwirtschaft wären die W2-Professoren im Vergleich zu anderen Akademikern "weit unten" angesiedelt.

Im nun verhandelten Karlsruher Fall klagte der Marburger Chemieprofessor Bernhard Roling, dessen monatliches Grundgehalt bei seiner Berufung im Jahr 2005 bei 3890 Euro lag - zuzüglich einer Leistungszulage von 23,72 Euro. Inzwischen liegt das Grundgehalt eines W2-Professors in Hessen laut Ministerium bei 4451 Euro im Monat. Bundesweit betragen die Leistungsprämien laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich rund 900 Euro.