Mit einer Friedensandacht in der Frauenkirche hat am Montag das Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg begonnen.

Dresden. In Dresden hat am Montag das Gedenken an die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg begonnen. Etwa 100 Menschen nahmen an einer Friedensandacht in der Frauenkirche teil. Frauenkirchenpfarrer Holger Treutmann und Kantor Matthias Grünert begleiteten die Andacht mit geistlichen Texten und Orgelmusik. Im Laufe des Tages soll es weitere Andachten und Mahnwachen geben. Zentrale Veranstaltung ist eine Menschenkette um die Altstadt, zu der mehr als 10.000 Teilnehmer erwartet werden. Das Bündnis "Nazifrei - Dresden stellt sich quer" erklärte unterdessen, dass die Blockaden gegen Neonazis am Montag gewaltfrei bleiben sollen.

+++Dresden: Zehntausend gedenken unter Polizeischutz+++

+++Eine Menschenkette gegen Neonazis+++

„Wir denken an die Betroffenen und Toten dieses 13. Februar 1945, aber auch an die vielen Zerstörungen und Brände, die von deutschem Boden ausgegangen ist“, sagte Pfarrer Holger Treutmann vor den Teilnehmern der Friedensandacht. Angesichts des für den Abend angemeldeten Aufmarschs von Rechtsextremisten, deren Menschenverachtung und Gewalttätigkeit sich 2011 erneut gezeigt habe, brauche es ein Zeichen der Gegenwehr. Treutmann mahnte zu friedlichem Protest: „Wir müssen etwas tun, hier ist kein Raum für rechtsextremistisches Gedankengut.“

Schon am Mittag bereiteten sich die ersten Gegendemonstranten auf den geplanten Neonazi-Aufmarsch am Abend vor. Das Bündnis hat dazu aufgerufen, den Aufmarsch von etwa 2.000 Rechtsextremen zu blockieren. Rund 6.000 Polizisten aus mehreren Bundesländern und von der Bundespolizei sollen für Sicherheit sorgen. „Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch. Von uns geht dabei keine Eskalation aus. Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden“, erklärte das Bündnis am Montag. 2010 und 2011 hatten tausende Menschen einen Marsch der Rechtsextremisten durch Dresden verhindert. Blockaden genehmigter Aufmärsche sind umstritten. Die sächsische Justiz ermittelt noch immer gegen Teilnehmer wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Befürworter machen ihr Recht auf Spontandemonstrationen geltend.

Auch die Grünen-Bundesspitze hat unmittelbar vor dem Aufmarsch zu Gegenwehr aufgerufen. „Wir werden uns daran aktiv beteiligen“, sagte die Parteivorsitzende Claudia Roth am Montagmittag in Dresden. „Für uns ist der Gedenktag auch ein Tag der lebendigen Demokratie“, sagte Roth. Es sei wichtig, dass die Bürger an diesem Tag auch auf die Straße gingen, um sich gegen Neonazis zu wehren. „Wir wollen, dass in Deutschland niemand mehr Angst hat, eine Kirche, eine Synagoge oder eine Moschee zu besuchen“, sagte Roth. Sie trauere in Dresden auch um die zehn Opfer der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle. „Deshalb fordern wir an diesem Tag dazu auf, alles aufzuklären, wie es überhaupt möglich sein konnte, dass über Jahre hinweg dieser Rechtsterrorismus seine blutige Spur in unseren Land hinterlassen hat.“ Parteirat und -vorstand der Grünen hatten ihre turnusmäßige Sitzung von Berlin nach Dresden verlegt, um sich im Anschluss an der Menschenkette um die Altstadt und an friedlichen Blockaden des Neonazi-Aufmarsches zu beteiligen.

25.000 Menschen sterben bei Luftangriffen der Alliierten

Im Zweiten Weltkrieg blieb Dresden lange Zeit von Bombenangriffen verschont. Am 13. und 14. Februar 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, wurde die sächsische Metropole dann aber doch von britischen und amerikanischen Bomberverbänden in vier Wellen angegriffen und zerstört. Nach den verheerenden Luftangriffen der Alliierten lagen weite Teile der Stadt mit ihren barocken Prachtbauten in Schutt und Asche. „Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens“, sagte der Schriftsteller Gerhart Hauptmann nach dem Inferno.

Auch die berühmte Frauenkirche brannte aus und fiel Tage später in sich zusammen. Übrig blieb vom Wahrzeichen der Stadt nur eine Ruine und ein großer Trümmerberg. Ende der 1980er Jahre formierte sich dort Widerstand gegen das SED-Regime. Nach dem Mauerfall wurde das Gotteshaus auch mit Hilfe von Spenden aus Großbritannien und den USA wieder aufgebaut. Seit 2005 gilt die mit Spenden aus aller Welt wiedererrichtete Frauenkirche als Symbol für Frieden und Versöhnung.

Bei den Angriffen auf Dresden wurden unzählige Menschen getötet, verletzt und Zehntausende obdachlos. Bis zu 25.000 Menschen kamen ums Leben, darunter viele Flüchtlinge aus dem Osten, die sich zu dem Zeitpunkt in der Stadt aufhielten. Die Zahl ermittelte eine von der Stadt beauftragte Historikerkommission. Hintergrund waren anhaltende Spekulationen über die tatsächlichen Opferzahlen und eine Instrumentalisierung der Zahlen durch Neonazis.

Die Historiker stützten sich auf Archivmaterial und Angaben von Zeitzeugen. Im Ergebnis ihrer Recherchen schlossen sie aus, dass angeblich Zehntausende tote Flüchtlinge gar nicht erfasst worden sein könnten. Die Bergung und Bestattung sei gemessen an der Situation in der schwer zerstörten Stadt „bemerkenswert geordnet“ verlaufen. Die Nationalsozialisten hatten bereits kurz nach dem Bombardement zu Propagandazwecken im neutralen Ausland Opferzahlen von bis zu 200.000 verbreiten lassen. Neonazis nutzen diese Zahlen bis heute und versuchen, die Trauer um die Toten für ihre Zwecke zu missbrauchen.

Mit Material von dpa/dapd