Berlin. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stößt mit ihrer Forderung nach spürbaren Lohnerhöhungen in der bevorstehenden Tarifrunde auf Kritik in den eigenen Reihen. Die Politik solle sich grundsätzlich aus der Lohnfindung heraushalten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs. FDP-Fraktionsvize Heinrich Kolb sagte, die Tarifpartner benötigten keine Anweisungen von außen. DGB-Chef Michael Sommer kündigte eine harte Gangart im Tarifkonflikt an.

Von der Leyen war den Gewerkschaften in einem Interview mit "Bild am Sonntag" beigesprungen und hatte eine Lohnerhöhung oberhalb der Inflationsrate von gut zwei Prozent gefordert. "In den letzten Jahren haben wir in Deutschland gemeinsam fleißig gearbeitet und Lohnzurückhaltung geübt, damit wir gut aus der Krise kommen", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende. Nun sei der Erfolg da, die deutsche Wirtschaft fahre ordentliche Gewinne ein. "Jetzt müssen die Arbeitnehmer daran beteiligt werden, und sie müssen das Plus auch spüren."

Das Mehr in der Lohntüte dürfe "nicht gleich von den Preissteigerungen aufgefressen" werden. Die jährliche Inflationsrate lag im Januar bei 2,1 Prozent. Die Gewerkschaften IG Metall und Ver.di gehen mit kräftigen Lohnforderungen in die Tarifrunden. Die IG Metall verlangt bis zu 6,5 Prozent höhere Löhne für die rund 3,6 Millionen Beschäftigten der Branche. Ebenfalls ein Plus von 6,5 Prozent wollen Ver.di und Beamtenbund für rund zwei Millionen Beschäftigte bei Bund und Kommunen erreichen.

Auch in weiteren Äußerungen positionierte sich von der Leyen gewerkschaftsnah. Zum Argument der Arbeitgeber, dass sich das Wachstum in Deutschland abkühle, sagte sie: "Auch wenn es international Risiken für die Konjunktur gibt, die harten Daten in Deutschland weisen auf einen weiter soliden Arbeitsmarkt und volle Auftragsbücher hin." Dem widersprach CDU-Wirtschaftspolitiker Fuchs in der Zeitung "Sonntag Aktuell". Tarifpolitik müsse auch "die Zukunft antizipieren", und es sei nicht sicher, ob die wirtschaftliche Entwicklung anhalte. FDP-Experte Kolb sagte, die Beteiligung der Arbeitnehmer am Aufschwung ergebe sich auch daraus, dass viel mehr Menschen eine Arbeit hätten.

Unterstützung für Lohnerhöhungen äußerte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Die Nagelprobe für von der Leyen sei aber ihr Verhalten in der Mindestlohndebatte. Die Ministerin kündigte an, in den nächsten Wochen mit der FDP über die Einführung eines Mindestlohns zu verhandeln.