Ein Gremium zur “Sachsensumpf“-Affäre soll klären, ob Politiker und Juristen in den 90er Jahren an mafiösen Strukturen beteiligt waren.

Dresden. Sachsens Verfassungsschutz hatte nach Aussagen seines Ex-Präsidenten Rainer Stock nur dürftige Erkenntnisse über die Organisierte Kriminalität (OK). Bis zum Ende der OK-Beobachtung habe man keinen Anlass gesehen, Fälle an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln, sagte Stock am Mittwoch im Untersuchungsausschuss des Landtages zum sogenannten Sachsensumpf. „Es war, wenn sie so wollen, ein dürftiges Ergebnis.“ Stock machte geltend, dass der Geheimdienst laut Rechtslage nur von Mitte 2003 bis Mitte 2006 für die Überwachung der OK zuständig war. Bekanntlich brauche man da aber einen langen Atem. Es habe nur „invalide“ Daten und keine Fälle gegeben, die einen Anfangsverdacht auf Straftaten ergeben hätten.

Nach Aussagen von Stock hätte das zuständige Referat im Landesamt für Verfassungsschutz noch ein oder zwei Jahre gebraucht, um die gesammelten Informationen richtig bewerten zu können. Der frühere Geheimdienstchef, der die Behörde von Anfang 2003 bis zu seiner Versetzung im Juni 2007 leitete, erläuterte die Zielrichtung der Beobachtung. Es sei nur um Fälle gegangen, bei denen eine Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Betracht kam. Dazu war der Geheimdienst nach einem Urteil des sächsischen Verfassungsgerichtes verpflichtet. Im Frühjahr 2006 änderte der Landtag das betreffende Gesetz und entzog der Behörde gänzlich die Zuständigkeit für die OK.

„Wir sind aus dem Stadium der Prüffälle nie herausgekommen“, sagte Stock (62), der inzwischen im Ruhestand ist. Zugleich gab er auch einen Einblick in die Arbeit des Landesamtes. Während Staatsanwälte bei Ermittlungen wegen drohender Verjährung unter Druck stünden, habe der Verfassungsschutz dieses Problem nicht: „Wir haben Zeit.“ Eile bei den Untersuchungen sei auch nicht angebracht. „Wir waren nicht darauf erpicht, mit aller Gewalt Ergebnisse zu erzeugen.“ Zudem wies Stock damals erhobene Vorwürfe zurück, er habe seine Aufsichtspflicht verletzt. In einem Disziplinarverfahren seien die Prüfer zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob in den 90er-Jahren Netzwerke der OK im Freistaat existierten. Davon hatten Medien 2007 mit Verweis auf Akten des Verfassungsschutzes berichtet. Angeblich sollten auch Politiker und Juristen in das kriminelle Geflecht verstrickt sein. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft brachten aber nichts Konkretes zutage. Von der Regierung beauftragte Experten stellten fest, dass die Akten aufgebauscht waren und sahen Versäumnisse beim Verfassungsschutz. Für die Regierung war die Sache damit erledigt. Die Opposition und auch Zeugen im U-Ausschuss wiesen aber immer wieder auf Ungereimtheiten hin.