Gesundheitsminister Rösler scheitert mit Kopfpauschale

Hamburg/Berlin. Das vorläufige Ende der Kopfpauschale war schon vor drei Wochen besiegelt. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) rief den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) an. Man sehe sich ja beim Ökumenischen Kirchentag in München, und da könne man über Röslers Ideen zur Reform der Krankenversicherung reden. Seehofer, selbst einmal auf Röslers Stuhl, hatte nicht eine Minute für den Gast.

Und als die ersten Details von Röslers Plänen durchsickerten, schickte Seehofer seinen Landesminister und Sprachrohr Markus Söder vor. Mausetot sei Röslers Konzept: nicht machbar, nicht verhandelbar, den Bürgern nicht vermittelbar.

Das war CSU-Politik Marke Fallbeil. Wie einst Edmund Stoiber im Auftrag von Franz Josef Strauß kippten die Bayern in der Bundesregierung den ambitionierten Plan, zur Kassenfinanzierung von den Versicherten eine feste Gesundheitsprämie plus einkommensabhängige Beiträge zu verlangen.

Am Freitag gestand Rösler zerknirscht seine Niederlage ein. Noch vor der Sommerpause will er ein neues Reformkonzept vorlegen. Rösler sagte, er sei "etwas verwundert" über den Widerstand der CSU. Auch die Bayern müssten einsehen, dass man die Probleme im Gesundheitswesen "nicht mit Pressestatements lösen" könne. Die CSU hatte darauf beharrt, dass erst gespart werde, ehe man sich mit der Einnahmeseite in der Krankenversicherung beschäftigt. Röslers Sparpaket im Pharmasektor reiche nicht. Rösler sagte dazu: "Zunächst einmal bin ich sehr gespannt, was diejenigen vorlegen werden, die Einsparungen fordern."

Mindestens vier Milliarden Euro fehlen, damit die etwa 173 Milliarden Euro an Ausgaben im Jahr 2011 gedeckt sind. Um das Geld hereinzuholen, werden die 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (nicht die Ehegatten und Kinder) noch höhere Zusatzbeiträge zahlen müssen. An höhere Steuern oder eine neue Praxisgebühr denke er aber nicht, sagte Rösler.

Bislang können die Kassen ohne Finanzprüfung Zusatzbeiträge von acht Euro im Monat erheben, wenn sie mit den Einnahmen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Künftig dürften es 15 bis 20 Euro sein, schätzt Rösler. Vermutlich wird der zulässige Höchstbetrag von ein auf zwei Prozent vom Bruttoeinkommen angehoben. Der Arbeitgeberbeitrag soll stabil bleiben. Wer 2000 Euro im Monat verdient, könnte künftig 158 Euro (7,9 Prozent vom Brutto) an die Kasse zahlen plus höchstens 40 Euro Zusatzbeitrag (zwei Prozent vom Brutto).

SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann erklärte: "Es war von Beginn an klar, dass dieses Bürokratiemonstrum nicht funktionieren kann und letztlich nur dazu dienen soll, die Beitragssteigerungen für Geringverdiener zu verschleiern." Über Rösler sagte sie: "Selten ist ein Minister derart öffentlich demontiert worden." Die Gesundheitsexpertin der Linksfraktion, Martina Bunge, fragte sich, "welches Kalkül Schwarz-Gelb dazu bewogen hat, den unerfahrenen Rösler auf den Feuerstuhl der Gesundheitspolitik zu setzen und ihn dort zu verheizen".

Rösler hatte in der ARD-Talkshow "Beckmann" sein Schicksal als Minister mit der Einführung einer Kopfpauschale verknüpft. Ein Rücktritt komme für ihn nicht in Betracht, sagte er jetzt: "Bambus wiegt sich im Wind, biegt sich im Sturm, aber er bricht nicht."