Opposition spottet über die Reise. Grüne nennen den deutschen Entwicklungsminister “Quasi-Staatssekretär“ des Bundesaußenministers.

Berlin. Heute fliegen Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel für fünf Tage nach Afrika. Mit dieser ersten gemeinsamen Reise wollen die beiden FDP-Politiker die geplante enge Verzahnung der beiden Ressorts unterstreichen. Sie sprechen von einer Politik "aus einem Guss".

Die Opposition sieht darin allerdings eher eine Flucht nach vorn. Niebel dürfe sich nicht wundern, wenn man den Eindruck habe, dass er nur "als Quasi-Staatssekretär von Guido Westerwelle" mit nach Afrika reise, sagte Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele dem Abendblatt. Das habe sich Niebel selbst eingebrockt. "Niebel muss sich zu Recht immer wieder vorhalten lassen, dass er das Ministerium, dem er jetzt vorsteht, im Auswärtigen Amt aufgehen lassen wollte", so Ströbele weiter. "Genau das hat er im Bundestagswahlkampf 2009 lautstark propagiert." Davon abgesehen könne niemand etwas dagegen haben, wenn deutsche Außenpolitik und deutsche Entwicklungspolitik künftig besser koordiniert würden. "Das gilt ganz besonders für Afrika. Dieser Kontinent ist jede Mühe wert."

Tatsächlich haben die Liberalen vor der Wahl nicht nur kräftig gegen das aus ihrer Sicht völlig überflüssige Ministerium für Entwicklung polemisiert, sondern seine Abschaffung sogar in ihrem Wahlprogramm festgeschrieben. Dass sich am Ende dann ausgerechnet der damalige FDP-Generalsekretär zum Entwicklungshilfeminister ernennen ließ, galt SPD, Linkspartei und Grünen als Beweis für liberale Prinzipienlosigkeit und egoistisches Postengeschacher.

Mit diesen Vorurteilen hat Dirk Niebel immer noch zu kämpfen. Weil er nicht als liberaler Umfaller gelten will, bringt er neue Argumente für seine Daseinsberechtigung ins Spiel. Er wolle der deutschen Entwicklungshilfe zu mehr "Schlagkraft" verhelfen, sagt der 47-Jährige immer wieder, und dass es ihm um die "internationale Sichtbarkeit" des Ressorts gehe, die allerdings nicht mit der "eigenmächtigen Nebenaußenpolitik" seiner sozialdemokratischen Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul verwechselt werden dürfe.

Westerwelle und Niebel beginnen ihre Afrika-Reise in Tansania. In Daressalam werden sie mit Präsident Jakaya Mrisho Kikwete, Außenminister Bernard Membe und Finanzminister Mustafa Mkulo zusammentreffen. Anschließend steht ein Gespräch mit dem Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda, Charles Byron, auf dem Programm.

Am Freitag geht es weiter nach Johannesburg, wo unter Leitung des Bundesaußenministers und des südafrikanischen Vizepräsidenten Kgalema Mothlante die Binationale Kommission tagt. Nach ihrem Treffen mit Außenministerin Maite Nkoana-Mashbane und Energieministerin Dipuo Peters kommen Westerwelle und Niebel dann am Sonnabend in Kapstadt mit ANC-Veteranen, Verfassungsrichtern und Menschenrechtlern zusammen. Auf der Gefängnisinsel Robben Island, auf der Nelson Mandela 18 Jahre lang inhaftiert war.

Letzte Station der Reise ist Dschibuti, wo der Bundesaußenminister die Deutsche Verbindungs- und Unterstützungsgruppe der Bundeswehr für die Operationen "Enduring Freedom" und "Atalanta" besuchen wird.

Wie Westerwelle der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte, sollen während der Reise nicht die Probleme, sondern "die Chancen des Kontinents stärker in den Mittelpunkt rücken: seine Kreativität, sein wirtschaftliches Potenzial und seinen Rohstoffreichtum".

Die Minister werden von einer etwa 60-köpfigen Wirtschafts- und Kulturdelegation sowie Vertretern und Vertreterinnen der Entwicklungszusammenarbeit begleitet. Westerwelles Lebensgefährte, der Unternehmer Michael Mronz, der nach Asien und Lateinamerika mitgereist war, wird diesmal nicht dabei sein, wie das Außenministerium auf Anfrage mitteilte.