Der im Dezember 2003 von der CIA entführte Deutsch-Libanese hatte den Oberbürgermeister von Neu-Ulm brutal angegriffen und verletzt.

Memmingen. Der Deutsch-Libanese Kahled el Masri muss für eine Attacke auf den Neu-Ulmer Oberbürgermeister ins Gefängnis. Das Landgericht Memmingen verurteilte das CIA-Entführungsopfer am Dienstag mehr als ein halbes Jahr nach seiner Tat wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. El Masri habe eine Person, die ihm nichts getan habe, brutal angegriffen und erheblich verletzt, sagte die Vorsitzende Richterin Brigitte Grenzstein.

El Masri wurde nach Angaben deutscher Justizbehörden im Dezember 2003 von CIA-Agenten nach Afghanistan verschleppt und dort fünf Monate gefangengehalten. Er fiel seither mit Gewaltausbrüchen und Drohungen auf. Im Mai 2007 fuhr er in Neu-Ulm mit seinem Auto in einen Metro-Markt und legte Feuer. Außerdem schlug er während einer Fortbildung einen Ausbilder krankenhausreif. Für diese beiden Taten wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Die Richterin argumentierte, da El Masri zur Tatzeit am 11. September 2009 bereits auf Bewährung gewesen sei, komme eine neuerliche Bewährung nun nicht in Betracht. Es gebe zudem keine günstige Sozialprognose oder Hinweise darauf, dass sich der 46-Jährige künftig an die Gesetze halten werde.

Zugunsten des Angeklagten wertete das Gericht dagegen, dass die Attacke ohne seine traumatisierende Entführung und Misshandlung durch den US-Geheimdienst nicht denkbar sei. Der Neu-Ulmer Oberbürgermeister Gerold Noerenberg brach sich bei der Attacke ein Fingergelenk und wurde am Auge verletzt.

„Kein Recht, Straftaten zu begehen“

Die Argumentation der Verteidigung, dass der Staat kein Recht habe, El Masri zu verurteilen, da der Staat dem 46-Jährigen zuvor auch nicht geholfen habe, nach seiner Entführung zu seinem Recht zu kommen, wies die Richterin dagegen zurück. „Das gibt dem Angeklagten nicht das Recht, dass er Straftaten begeht“, sagte sie. Verteidiger Manfred Gnjidic hatte gesagt: „Wenn der Staat ihn alleine lässt, kann er nicht beanspruchen, ihn zu verfolgen.“

El Masri selbst reagierte ungehalten auf das Urteil und brach sein Schweigen, das er im Prozess großenteils beibehalten hatte. Er unterstellte in schwer verständlichen Worten, dass er nun gezwungen werden solle, mit den Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. Sein Verteidiger Manfred Gnjidic erklärte, der 46-Jährige glaube seit Jahren, Geheimdienste verfolgten ihn und wollten ihn brechen oder rekrutieren.

Staatsanwalt Andreas Rossa zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. Er hatte zwei Jahre und drei Monate gefordert. Verteidiger Gnjidic kündigte dagegen an, er werde seinem Mandanten nahelegen, in Revision zu gehen. Er hatte in seinem Plädoyer noch einmal Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben. Diese habe El Masri im Stich gelassen. „Können wir darauf vertrauen, wenn uns morgen dasselbe passiert, dass der Staat für uns eingreift?“, fragte Gnjidic. „Natürlich, werden wir sagen, wir sind Deutsche und wir sind unschuldig.“ Aber genau das sei El Masri auch, betonte der Verteidiger.

Laut Gutachter schuldfähig

Am Vormittag hatte ein Gutachter El Masri für schuldfähig befunden. Er sei durch das, was ihm geschehen sei, an der Seele verletzt; seine Persönlichkeit sei verändert, befand der Experte. Der Angeklagte sei aber für das, was er tue, verantwortlich, es gebe keine Hinweise auf eine verminderte Schuld- oder Einsichtsfähigkeit.