Parteichefin Merkel will Ministerpräsident Jürgen Rüttgers massiv unterstützen. Dabei setzt sie auf klare Botschaften.

Berlin. Zeit zum Innehalten bleibt Angela Merkel nur wenig. Kaum vom EU-Gipfel aus Brüssel zurückgekehrt, muss die CDU-Chefin diesen Sonnabend die ersten großen Redeauftritte im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf absolvieren. Um elf Uhr geht die Kanzlerin gemeinsam mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in der Schützenhalle Meschede in die Bütt, zwei Stunden später wird sie bereits in der Stadthalle Unna erwartet. Die zwei Auftritte sind lediglich der Auftakt zu einem regelrechten Marathon, der die Parteivorsitzende im April und Mai in eine ganze Reihe von NRW-Städten wie Paderborn, Siegen, Hürth, Mönchengladbach und Bielefeld führt.

Lustgewinn dürften die insgesamt 14 Termine kaum versprechen: Merkel muss mit Rüttgers gegen den Trend der Umfragen ankämpfen, die schon seit Monaten keine neue Mehrheit mehr sehen für Schwarz-Gelb im bevölkerungsreichsten Bundesland. Weitere Visiten der Parteichefin, deren Beliebtheitswerte trotz der schwindenden Zustimmung zu Schwarz-Gelb im Bund ungebrochen hoch sind (siehe Kasten), könnten kurzfristig anberaumt werden, heißt es bereits.

So viel Engagement der Parteichefin ist bei einer Landtagswahl selten. Doch Merkel will mit Rüttgers gemeinsam doch noch schaffen, worauf derzeit nicht viel Aussicht besteht - dass CDU und FDP in dieser Konstellation auf die Regierungsbank in Düsseldorf zurückkehren und die nach dem monatelangen Streit angeschlagene schwarz-gelbe Koalition in Berlin ihre Mehrheit im Bundesrat behält. Auch wenn es aus Merkels Umfeld seit geraumer Zeit heißt, die Bedeutung einer eigenen Bundesratsmehrheit werde überschätzt, so ist allen Beteiligten klar, dass der politische Schaden auf jeden Fall enorm wäre, wenn Rüttgers am 9. Mai in eine große Koalition mit der SPD oder ein schwarz-grünes Bündnis gezwungen wird. Genau danach sieht es aber derzeit aus. Wie das Meinungsforschungsinstitut Emnid für N24 ermittelte, würden 38 Prozent der Wähler in NRW die CDU wählen, acht Prozent die FDP. Auch in anderen Umfragen hat Schwarz-Gelb in NRW keine Mehrheit. SPD (32 Prozent) und Grüne (11 Prozent) könnten allerdings ebenfalls nicht aus eigener Kraft einen Wechsel herbeiführen, sie wären auf die Linken als Partner angewiesen, die derzeit bei sieben Prozent rangieren.

Während Rüttgers in der heißen Phase des Wahlkampfs deshalb mit Warnungen vor Rot-Rot-Grün und Angriffen auf SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft punkten will, die ein Linksbündnis nicht ausschließt, inszeniert sich Merkel als Frau der klaren Botschaften.

In der Führung der nordrhein-westfälischen CDU wurde mit Genugtuung registriert, dass Merkel beim Landesparteitag in Münster den Missbrauch der Leiharbeit und Dienstleistungsvergütungen am Rande der "Sittenwidrigkeit" in derart drastischen Worten geißelte, dass die "Westdeutsche Allgemeine" darin später kaum noch die Regierungspartnerin des FDP-Chefs Guido Westerwelle erkennen konnte, sondern eher eine "Herz-Jesu-Sozialistin". Auch Merkels strikte Ablehnung direkter EU-Hilfen für Griechenland ("Madame Non") wird unionsintern als hilfreich für den Urnengang in Nordrhein-Westfalen angesehen, da 68 Prozent der Deutschen Kredite für das hoch verschuldete Land ablehnen. Zum neuen Stil passt auch Merkels klare Absage an türkische Gymnasien in Deutschland, wie sie Ministerpräsident Recep Erdogan gefordert hat.

Grünen-Chef Cem Özdemir warf ihr am Freitag vor, sich "im Dickicht einer dumpfen Anti-Griechenland-Kampagne" im Zuge des NRW-Wahlkampfes verfangen zu haben.