Der stellvertretende Parteivorsitzende Olaf Scholz kritisiert im Abendblatt die Pläne von Schwarz-Gelb, Firmen die Befristung von Arbeitsverträgen zu erleichtern.

Berlin. Immer mehr Arbeitsverträge werden nur noch auf Zeit abgeschlossen - dennoch will Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Befristung von Jobs erleichtern. Nach Informationen von Zeitungen aus der WAZ-Gruppe arbeitet die Ministerin an einem entsprechenden Gesetz. Den Angaben zufolge soll der Gesetzentwurf voraussichtlich im Mai dem Bundestag vorgelegt werden.

"Es steht auf der Agenda", bestätigte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums dem Abendblatt. Einen konkreten Gesetzentwurf gebe es bislang aber nicht. "Es ist unklar, wann das Gesetz kommt", so die Sprecherin. Ob nun im ersten Halbjahr oder später - generell wollen Union und FDP den Unternehmen mehr Möglichkeiten geben, Arbeitsverträge zeitlich zu begrenzen. Und dies, ohne dafür eine juristisch überprüfbare Begründung liefern zu müssen. Momentan müssen die Firmen in vielen Fällen konkrete Argumente anführen, wenn sie die Vertragsdauer für eine Stelle begrenzen wollen.

In der Opposition stießen von der Leyens Pläne auf breite Ablehnung. Der Vizevorsitzende der SPD, Olaf Scholz, sagte dem Abendblatt: "Die Bundesregierung schummelt. Schwarz-Gelb hat im Koalitionsvertrag versprochen, den Kündigungsschutz nicht zu verschlechtern. Aber genau das soll passieren."

Nach Angaben des ehemaligen Arbeitsministers befinden sich bereits fast neun Prozent der Arbeitnehmer in befristeten Anstellungsverträgen. "Ziemlich viele Berufseinsteiger werden nur noch befristet eingestellt", so der SPD-Politiker. Scholz betonte: "Das ist eine eklatante Fehlentwicklung. Frau von der Leyen will offenbar diese Fehlentwicklung noch verschärfen. Eine unbefristete Stelle muss der Regelfall sein." Die jetzige Regelung führe schon jetzt zu vielen Schwierigkeiten für Arbeitnehmer, sagte Scholz weiter.

Die Gesetzeslage zur Befristung von Arbeitsverträgen sieht vor, dass ein Arbeitsvertrag ohne Vorliegen einer sachlichen Begründung bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig ist. Erlaubt ist auch, bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren einen befristeten Arbeitsvertrag dreimal zu verlängern. Für Scholz eine Zumutung: Wer nicht wisse, ob er mittelfristig noch für sein Unternehmen arbeiten dürfe, könne sich kein Haus leisten, das er in Ruhe abzahlen kann. Er könne sich auch nicht trauen, eine Familie zu gründen, kritisierte er. "Mehr befristete Arbeitsverträge zerstören die Lebensplanung vieler Arbeitnehmer." Für das Miteinander und den Zusammenhalt in der Gesellschaft sei das ein verheerendes Signal. "Weder Wirtschaft noch Staat haben etwas von einer weiteren Liberalisierung des Arbeitsmarktes." Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag erinnerte zudem an die Regierung Kohl/Blüm, die die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen eingeführt hatte. "Das Gesetz brachte schon damals keine Mehrbeschäftigung. Im Gegenteil: Sie führte zu mehr Verunsicherung der Arbeitnehmer."

Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil sah in den Plänen von der Leyens "eine zusätzliche Möglichkeit, den Kündigungsschutz zu umgehen". Vor allem jüngere Menschen müssten damit konjunkturelle Beschäftigungsrisiken tragen, dies gehe "auf Kosten von Motivation und Sicherheit für ihre Lebensplanung".

Der stellvertretende Linken-Vorsitzende Klaus Ernst warf der Arbeitsministerin vor, "Politik gegen junge Familien" zu machen. Sowohl Heil als auch Ernst forderten, die bestehenden Möglichkeiten zur Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgründe vollständig abzuschaffen.

Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist bei Neueinstellungen inzwischen fast jeder zweite Job befristet. Der Anteil sei von 32 Prozent im Jahr 2001 auf 47 Prozent im ersten Halbjahr 2009 gestiegen, teilte das IAB mit.

Auch das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hatte Daten veröffentlicht, wonach die Zahl der befristeten Verträge in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zunahm. Das Bundesarbeitsministerium hatte dies allerdings mit einer Umstellung der Zählweise erklärt.