Berlin. Warum droht eine Kreditklemme? In der Finanzkrise haben Banken enorme Verluste erlitten, ihr Eigenkapital schrumpfte. Nach den neuen Spielregeln für die Finanzbranche (Basel II) müssen die Banken aber umso mehr Eigenkapital hinterlegen, je schlechter die Bonität ihrer Firmenkunden ist. Weil die Kreditwürdigkeit Tausender Unternehmen in der Rezession stark gelitten hat, müssen neue Kredite von den Banken mit erheblich mehr Eigenkapital unterlegt werden. Sie halten sich deshalb mit der Vergabe zurück oder verlangen Risikoaufschläge in Form hoher Zinsen. Dadurch droht eine Kreditklemme.

Warum ist eine Kreditklemme so gefährlich? Viele Unternehmen sind wegen massiver Ertragseinbrüche auf eine langfristig gesicherte Finanzierung angewiesen, weil ihre Rücklagen aufgebraucht sind. Auch für die Abwicklung neuer Aufträge brauchen sie Darlehen, um Rohstoffe und Zulieferer bezahlen zu können. Die meisten Investitionen können ebenfalls nur getätigt werden, wenn Banken dafür Geld geben. Kommt es zu einer Kreditklemme, drohen eine Pleitewelle mit steigender Arbeitslosigkeit und ein Investitionsstau. Der Aufschwung würde abgewürgt.

Welche Branchen sind bedroht? Die meisten Klagen über eine unzureichende Kreditversorgung kommen von großen Industrieunternehmen: 46,7 Prozent beschwerten sich im März in einer Ifo-Umfrage über zu hohe Kredithürden. Die exportabhängige Industrie hatte wegen der weltweiten Finanzkrise die heftigsten Einbrüche erlitten. Sie ist deshalb besonders stark auf fremdes Geld angewiesen. Auch 42,7 Prozent der Baufirmen sprachen von einer zurückhaltenden Kreditvergabepraxis der Banken, ebenso 33,8 Prozent der Händler.

Ist eine Kreditklemme ein rein deutsches Problem? Nein, auch in vielen anderen Industrieländern klagen Unternehmen über eine schlechte Versorgung mit Darlehen. So stockt im gesamten Euro-Raum der Kreditfluss: Im Januar schrumpften die Darlehen an Unternehmen bereits den fünften Monat in Folge.