Der CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich wollte von seinen Kritikpunkten an den Störfeuern aus Bayern nichts zurücknehmen.

Berlin. Es klang verdächtig nach "Prinzip Hoffnung", was die Matadore des CSU-internen Streits nach der fast vier Stunden langen Vorstandssitzung in München da gestern erklärten - allen voran der Parteivorsitzende Horst Seehofer selbst. Die Querelen zwischen der Landesgruppe in Berlin und der Parteispitze daheim seien "Geschichte". Und: "Unsere Leute wollen, dass wir arbeiten und nicht streiten." Die CSU werde "da jetzt keine Zusatzdiskussionen mehr haben". Ja, eine "Woche der Brüderlichkeit" sei nun ausgerufen worden, die - Achtung, Scherz - "zumindest bis heute Abend halten soll".

Damit kam Seehofer der Wahrheit am Ende wieder ein wenig näher. Denn Sitzungsteilnehmer äußerten sich hinter vorgehaltener Hand nur bedingt optimistisch, ob das Kriegsbeil zwischen der Parteizentrale und der von Hans-Peter Friedrich angeführten CSU-Landesgruppe im Bundestag gestern so tief vergraben wurde, dass mit gegenseitigen Vorhaltungen nun nicht mehr zu rechnen sei. Das Verhältnis zwischen den beiden bleibe wohl angespannt. Denn sowohl Seehofer als auch sein äußerst selbstbewusst auftretender Berliner Statthalter hatten in der mit Spannung erwarteten Sitzung des Parteivorstands im Kern auf ihren Positionen verharrt.

So legte Friedrich abermals dar, warum er die "Störmanöver" aus München gegen die Koalition in Berlin für kontraproduktiv hält. Seehofer hielt Friedrich darauf insbesondere die scharfe Wortwahl vor, in der er Parteifreunde öffentlich kritisiert habe. Nicht laut, aber doch sehr bestimmt habe Seehofer sich so etwas verbeten. Friedrich wiederum gab kund, er habe von seiner Kritik nichts zurückzunehmen. Er hatte in der Woche zuvor vor Journalisten in markigen Worten "unzuständigen Politikern aus Bayern" deren Attacken gegen die schwarz-gelbe Koalition vorgeworfen, sich insbesondere über den bayerischen Gesundheitsminister Markus Söder beklagt. Stein des Anstoßes waren Söders Äußerungen in der "Bild am Sonntag", wonach die von der Koalition gemeinsam beschlossene Gesundheits-Kommission "überflüssig" sei, da die CSU die geplante Einführung einer Pauschale im Gesundheitswesen ohnehin nicht mittrage. Friedrich ließ sich gestern aber nicht einschüchtern, sondern machte noch mal klar, dass er diese Äußerungen schlicht unmöglich fand. Wenn der Koalitionsvertrag für irrelevant erklärt und die Grundlage der Zusammenarbeit infrage gestellt werde, "da entlädt sich das schon mal in der Landesgruppe", argumentierte er - ein zarter Hinweis darauf, dass die anderen 44 direkt gewählten CSU-Bundestagsabgeordneten in dieser Frage weiter hinter ihm stehen.

Söder konterte laut Teilnehmerangaben: "In Berlin müssen unsere CSU-Abgeordneten bayerische Interessen vertreten, aber nicht die CSU in Bayern Berliner Interessen." Als Leiter der CSU-Gesundheitskommission sei er überdies sehr wohl zuständig. Friedrich, der sich letztlich auch durch den lang ausgefallenen Beifall im Vorstand bestätigt fühlen konnte, sagte, er hoffe jetzt auf "die heilende Wirkung des Ganzen". Als Verbündeter entpuppte sich offenbar auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der CSU-Aufsteiger argumentierte, Impulse aus den jeweiligen Hauptstädten seien hilfreich, "wenn man sie zunächst einmal intern gibt und sie nicht laut dröhnend öffentlich ausspricht". Man könne auch über Themen streiten, wenn die Zuständigkeitsbereiche respektiert würden: "Der Respekt voreinander ist das Entscheidende", mahnte er. Friedrich stehe für das Selbstverständnis der Berliner Landesgruppe, und mit diesem Selbstverständnis habe die CSU bisher viele Erfolge gehabt.

Seehofer kündigte schließlich an, er werde künftig häufiger in Berlin sein als früher. Für manchen mochte das wie eine Drohung klingen.