Berlin. Langzeitarbeitslose in Deutschland haben trotz der Hartz-Reformen im Vergleich zu anderen Industriestaaten nur wenig finanzielle Anreize, gering bezahlte Jobs aufzunehmen. Als Grund nannte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hohe Sozialabgaben für Geringverdiener sowie die "unspezifische Förderung" von Minijobs. Wie aus der gestern in Berlin präsentierten Studie hervorgeht, sind deutsche Arbeitslose im internationalen Vergleich aber kaum überdurchschnittlich bessergestellt. Ihre finanzielle Absicherung liege im Schnitt der 30 OECD-Länder, im europäischen Vergleich sei sie gleichwohl eher gering.

Mit Blick auf das Problem der geringen Anreize für Hartz-IV-Empfänger zur Aufnahme gering bezahlter, aber existenzsichernder Jobs verwies die OECD darauf, dass ein Alleinerziehender oder verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern Einkommen von mehr als 60 Prozent des Durchschnittslohns erzielen müsse, ehe das Nettoeinkommen merklich über den Sozialtransfers liege. Darin seien Kosten für Kinderbetreuung und die Schwierigkeiten, in Deutschland einen Betreuungsplatz zu erhalten, nicht berücksichtigt. "Das sehr hohe Armutsrisiko der Alleinerziehenden ist vor allem die Folge einer ausgesprochen geringen Erwerbsbeteiligung", kritisierte OECD-Experte Herwig Immervoll. Ein Grund sei, dass Anreize - etwa in Form von Freibeträgen im Arbeitslosengeld II oder der Minijobs - in Deutschland vor allem auf geringfügige Beschäftigung konzentriert seien. Zudem hätten Geringverdiener eine hohe Steuer- und Abgabenlast. "Einige OECD-Länder schaffen es, eine relativ großzügige finanzielle Absicherung mit hohen finanziellen Anreizen zur Arbeitsaufnahme zu kombinieren." Allerdings kommt es etwa in den Niederlanden und in Dänemark durch Zuschüsse vor, dass Arbeitslose mit zwei Kindern nach fünf Jahren mehr Geld zur Verfügung haben als während des letzten Jobs.