FDP-Chef Westerwelle hat mit seiner Hartz-IV-Kritik offenbar Wähler verschreckt. Seine Partei verliert im Wahltrend einen weiteren Prozentpunkt.

Hamburg. Als Sprecher der Mehrheit sehe er sich in der Hartz-VI-Debatte, hatte FDP-Chef Guido Westerwelle gestern dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. Eine gewagte Einschätzung angesichts der jüngsten Umfragen, denn dort setzen die Liberalen ihren Sinkflug fort. Im neuen „Stern-RTL-Wahltrend“ fiel sie im Vergleich zur Vorwoche um einen weiteren Punkt auf 7 Prozent. Im Vergleich zum Ergebnis bei der Bundestagswahl von 14,6 Prozent haben die Liberalen damit die Hälfte an Zustimmung eingebüßt. Die Union verbesserte sich hingegen um einen Punkt auf 35 Prozent.

Die SPD konnte nicht vom Sinkflug der FDP profitieren und verharrte bei 22 Prozent. Die Grünen hielten ihr Rekordhoch von 17 Prozent. Die Linke legte in der Forsa-Umfrage um einen Punkt auf 12 Prozent zu. Für sonstige Parteien würden sich derzeit 7 Prozent der Wähler entscheiden. Mit zusammen 42 Prozent liegen Union und FDP nun 9 Punkte hinter SPD, Grünen und Linken (51 Prozent).

Trotz der drastisch verschlechterten Umfragewerte für die FDP gibt sich Westerwelle unbesorgt. „Ich bin jetzt im neunten Jahr Parteivorsitzender. Bei jeder Bundestagswahl haben wir seitdem zugelegt“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Ausschläge in den Umfragen habe es immer wieder gegeben: „Aber die Wahlergebnisse stimmen. Das zählt.“ Die Leistungen einer Partei nach rund 100 Tagen abschließend bewerten zu wollen, sei unangebracht: „Nicht einmal eine Mischung aus Albert Einstein und Herkules könnte in 100 Tagen richten, was elf Jahre lang schiefgelaufen ist“, betonte Westerwelle. Die FDP befinde sich auch nicht in einer schwierigen Lage: „In einer Krise wäre die FDP, wenn sie nicht mehr wüsste, was sie will. Aber wir wissen genau, was wir wollen: Die Mittelschicht stärken, die Familien entlasten und für mehr Leistungsgerechtigkeit sorgen.“

Das Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete Westerwelle nach wie vor als ausgezeichnet, obwohl sie sich von seinen Äußerungen offen distanziert hatte. „Es ist eine sehr tragfähige Voraussetzung für die richtigen Ergebnisse in der Koalition“, betonte Westerwelle.

In den ersten gemeinsamen Regierungsmonaten von Schwarz-Gelb habe es „Anfangsschwierigkeiten“, aber keinen Fehlstart gegeben, betonte Westerwelle: „Das wird sich zurecht rütteln.“ Die bisherigen Ergebnisse stimmten. Dass es anfangs Probleme gebe, liege nicht zuletzt an der Vorgängerkoalition von CDU/CSU und SPD: „Das hat auch mentale Spuren hinterlassen“, sagte der Parteichef.