Einige konservative Politiker gründen eine Initiative gegen den “Linkstrend“ in der CDU. Die Aktion ist auch eine Kritik an Parteichefin Angela Merkel.

Berlin. Es ging ein Raunen durch die Union, als am Sonntag in zwei großen Zeitungen eine Anzeige erschien, in der mehrere konservative CDU-Politiker gegen den vermeintlichen Linkstrend in ihrer Partei aufbegehrten. Hauptbotschaft: Man registriere "mit großer Sorge", wie sich die Parteiführung von ihren Stammwählern verabschiede und die Öffnung nach links "unumkehrbar" weiter vorantreibe.

Die Parteiführung war gestern bemüht, die Kritiker nicht aufzuwerten und reagierte nur mit einem einzigen Satz: "Der CDU einen Linkstrend zu unterstellen, ist absurd", sagte Generalsekretär Hermann Gröhe der "Welt".

Martin Lohmann, Erstunterzeichner der Anzeige und Sprecher des CDU-Arbeitskreises engagierter Katholiken, verteidigte die Aktion hingegen energisch. Sie sei in keiner Weise ein Affront gegen die Kanzlerin: "Offener und demokratischer geht es doch gar nicht", sagte Lohmann dem Hamburger Abendblatt. Den Unterzeichnern werde in der Parteizentrale "fälschlicherweise" unterstellt, dass sie gegen Merkel seien, womöglich sogar an die Gründung einer neuen Partei rechts von der Union dächten. "Nein", so Lohmann, "das tun wir nicht." Man sei nur in Sorge um die Zukunft der Partei: "Sie wissen ja gar nicht, wie viele Leute wir schon vor der Bundestagswahl davon abhalten mussten, aus der Partei auszutreten! Deshalb haben wir auch keine Angst vor Diskussionen mit der Parteiführung. Gar keine."

Tatsächlich hat Merkel Lohmanns Arbeitskreis, der als neues Sammelbecken der konservativen Kritiker gilt, ein Treffen in Aussicht gestellt. Der Internetseite des Arbeitskreises kann man allerdings entnehmen, dass man dort inzwischen etwas ungeduldig wird. "Als mündige und demokratische Katholiken erwarten wir sehr bald eine Terminierung dieses Gespräches, das für das erste Quartal des Jahres angekündigt worden war", heißt es da. Und dass man davon ausgehe, "dass dieses Gespräch die Möglichkeiten eines weiteren und gemeinsamen Profilierungsengagements im Sinne unserer Partei" eröffnen werde.

Neben Lohmann gehörten unter anderem Sachsen-Anhalts ehemaliger und inzwischen aus der CDU ausgetretener Ministerpräsident Werner Münch, und der Politologe Klaus Motschmann zu den Unterzeichnern des Aufrufs. Sie alle beklagen, dass die CDU unter Merkel in den vergangenen Jahren "wesentliche Grundpositionen aufgegeben" habe. Und sie fordern eine "grundlegende politische Kurskorrektur, eine geistige Wende". Ziel der "Aktion Linkstrend stoppen" sei es, der Aufgabe von christlich-konservativen und marktwirtschaftlichen Positionen entgegenzutreten. Auf Kritik stoßen vor allem der von der Union mitverantwortete "Marsch in den Schuldenstaat", die "linke Gesellschaftspolitik", sowie die Fortführung der "gescheiterten Multikulti-Integrationspolitik" durch die CDU-geführte Bundesregierung. Auch scheue sich die Parteiführung, "dem EU-Beitritt der Türkei eine klare Absage zu erteilen".

Der konservative Aufstand ist eine Reaktion auf die "Berliner Erklärung", die der CDU-Bundesvorstand Mitte Januar formulierte. In diesem zehnseitigen Strategiepapier hieß es zwar, die Union wolle "die Volkspartei der Mitte" bleiben, aber es fand sich darin auch der Satz: "Wir wollen bisherige Wählerinnen und Wähler der SPD für uns gewinnen, die vom Linksruck dieser Partei und der zunehmenden Bereitschaft zu Bündnissen mit der Linken enttäuscht sind." Martin Lohmann, der 1972 in die CDU eingetreten ist, fasst das alles so zusammen: "Wer zu weit links fischt, muss aufpassen, dass er nicht aus dem Boot fällt."