Parteivize Andreas Pinkwart erntet Unterstützung, aber auch Unverständnis. Er hatte Westerwelle aufgefordert, Verantwortung abzugeben.

Berlin/Hamburg. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart hat mit seiner Kritik am Führungsverhalten von Parteichef Guido Westerwelle eine breite innerparteiliche Debatte ausgelöst.

Angesichts sinkender Umfragewerte forderte nach Pinkwart nun auch die stellvertretende FDP-Bundestagsfraktionschefin Ulrike Flach Westerwelle dazu auf, den Alleinvertretungsanspruch der Partei aufzugeben. "Die Oppositionszeit, in der wir uns auf eine Person konzentrieren mussten, ist vorbei", sagte sie dem "Handelsblatt". In der Regierungsarbeit müssten "unsere vielen eigenständigen Persönlichkeiten mehr Raum bekommen". Verständnis für Pinkwarts Äußerungen zeigte auch Niedersachsens Vize-Regierungschef und Wirtschaftsminister Jörg Bode. Der FDP-Politiker sagte dem Abendblatt: "Die FDP ist eine Partei, in der starke Persönlichkeiten ihre Meinungen kundtun dürfen, auch wenn diese nicht mit der Meinung des Parteivorsitzenden übereinstimmen. Daher ist Andreas Pinkwart kein Vorwurf zu machen." Allerdings, schränkte Bode ein, sei die Führung der FDP bereits auf mehrere Schultern verteilt. "Wenn jeder in der Parteispitze - der Vorsitzende, seine Stellvertreter, der Generalsekretär - seine Rolle verantwortungsvoll wahrnimmt, haben wir eine funktionierende Arbeitsteilung. Jeder ist so stark, wie er sich selber gibt." Bode forderte zudem: "Wir müssen stärker die liberalen Grundthesen in den Vordergrund stellen. Da waren wir zu zurückhaltend in der letzten Zeit."

Pinkwart hatte Westerwelle zuvor in einem Interview des Hamburger Abendblatts dazu aufgefordert, die Verantwortung für die Partei zu teilen und ihm den früheren FDP-Bundesvorsitzenden und Ex-Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher als Vorbild empfohlen. Diesem sei es gelungen, "die Verantwortung für die FDP mit starken Kollegen zu teilen".

Die stellvertretende Parteivorsitzende Cornelia Pieper stellte sich hingegen vor Westerwelle. Entgegen dem von Pinkwart erweckten Eindruck lasse der Parteichef anderen Führungspersönlichkeiten in der Partei "viel Spielraum zur Profilierung", sagte sie der "Mitteldeutschen Zeitung". Hessens FDP-Fraktionschef Florian Rentsch sagte: "Der Erfolg der Partei bei der Bundestagswahl ist klar mit der Person Guido Westerwelle und einer geschlossenen Mannschaftsleistung verbunden." Daran sollten sich "alle erinnern, die jetzt Vorschläge zu einer breiteren Aufstellung der Partei machen", so Rentsch zum Abendblatt. An der Führung der Partei seien zudem "genügend Personen beteiligt".

Ähnlich argumentierte auch der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Johannes Vogel. Er sagte dem Abendblatt: "Natürlich muss die thematische Breite der Partei auch durch eine personelle Breite repräsentiert werden. Wir haben aber mittlerweile genügend Personen in der ersten Reihe. Diese müssen ihre Themen offensiv vertreten." Der saarländische FDP-Chef Christoph Hartmann griff Pinkwart direkt an: "Es wäre hilfreich für die FDP, wenn sich Professor Dr. Pinkwart auf den Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen konzentrieren würde."

Weitgehende Einigkeit herrschte in der FDP hingegen über die umstrittenen Äußerungen Westerwelles zu Hartz IV. Flach wies ebenso wie Rentsch und Bode die Kritik von CSU und Opposition zurück. Westerwelle hatte in der Debatte um Leistungen an Hartz-IV-Empfänger von "Sozialismus" und "spätrömischer Dekadenz" gesprochen, wenn es in Deutschland verboten sei, an die Interessen der Einzahler in das System zu erinnern. Die Aussagen verteidigte Westerwelle in der "Bild am Sonntag" energisch: "Die Kritik von links an meinen Äußerungen ist scheinheilig. Ich habe nichts zurückzunehmen."