Berlin. FDP-Spitzenpolitiker haben gestern bekräftigt, dass die Liberalen ihr Konzept für eine Strukturreform der Einkommensteuer bereits vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen beschließen und öffentlich machen wollen. "Wir machen uns nicht von der Steuerschätzung im Mai abhängig - sie ist überbewertet", sagte Generalsekretär Christian Lindner gestern nach einer Sitzung des Parteivorstands.

Schon auf dem Bundesparteitag im April werde ein Steuerkonzept mit Vorschlägen zur Gegenfinanzierung verabschiedet. Ursprünglich hatten die Spitzen von Union und FDP vereinbart, das Thema erst nach der Steuerschätzung Anfang Mai erneut auf die Agenda zu setzen. Das, so heißt es in Berliner Regierungskreisen, habe aber tatsächlich in erster Linie taktische Gründe gehabt, da das Ergebnis der Steuerschätzung bereits jetzt in groben Zügen kalkulierbar sei. Eine Fortsetzung des Streits zwischen den Koalitionspartnern um den Umfang der Entlastungen sollte aus den Auseinandersetzungen um die Macht in Nordrhein-Westfalen ferngehalten werden. Daraus wird nun nichts.

Der FDP-Parteitag findet am 24. und 25. April und damit zwei Wochen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen statt.

Auf einer Krisensitzung am Sonntagabend waren die Liberalen zur Erkenntnis gekommen, dass die Partei ihren Sinkflug in den Umfragen (im Bund wie im Land) nur dann aufhalten könne, wenn sie mehr Klarheit über ihre Pläne in zentralen Politikfeldern schaffe. Eine Kurskorrektur ist hingegen nicht geplant. Lindner hatte bereits in der Nacht auf Montag erklärt, die Partei wolle das Tempo der Reformen erhöhen, aber die Richtung beibehalten.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gab sich unbeeindruckt von der Entwicklung bei den Liberalen. Er machte klar, dass seine Partei an dem in der Koalition vereinbarten Zeitplan für die Reform festhalte. "Ich bin sicher, dass wir die abschließenden Entscheidungen über die nächsten Schritte erst im Lichte der Steuerschätzung treffen werden können", so Gröhe. Wenn die FDP ihre Pläne nun schon im April präzisieren wolle, werde die Union die Vorschläge in der Debatte sicherlich "gut aufgreifen". Die CDU habe aber nicht vor, vorab eigene Vorschläge zu machen. Sie werde in jedem Fall die Steuerschätzung abwarten. Auf dieser Grundlage werde sie öffentlich kommentieren, was die Zahlen für die Steuerpläne bedeuteten.