Aber die Holländer sind noch freigiebiger. Private Spender bringen seit 2005 kontinuierlich mehr Geld für gemeinnützige Zwecke auf.

Hamburg. Stolze 41 Millionen Euro haben die Niederländer an einem einzigen Fernsehabend für „Nederland Helpt Haiti“ zusammen gebracht – ein europaweiter Rekord. Warum bringen wir Deutschen es bei einer vergleichbaren Benefizsendung „nur“ auf 22,5 Millionen? Das wollten Abendblatt-Leserinnen und –Leser wissen.

Die Antwort ist: Unsere holländischen Nachbarn sind traditionell spendabler als viele andere Nationen. Nach dem Tsunami im Dezember 2005 ermittelte das „Internationale Komitee der Fundraising-Organisationen“ die Pro-Kopf-Spenden in 19 westeuropäischen Ländern. Deutschland belegte neben Slowenien und Irland mit rund 32 € Spende pro Kopf den sechsten Platz. Die Niederländer (45 €) hielten die Spitze, gefolgt von Schweden (44 €) und Norwegern (41 €).

Aktuell bleiben die Deutschen aber offenbar auch in der Wirtschaftskrise spendabel. Nach Angaben des Deutschen Fundraising Verbandes (DFRV) bringen private Spender seit 2005 kontinuierlich immer mehr Geld für gemeinnützige Zwecke auf. Während im Jahr 2005 noch 889 Millionen Euro Privatspenden bei den sammelnden Organisationen eingingen, schnellte die Summe 2006 (nach dem Tsunami) auf 1243 Millionen Euro hoch. In den beiden Folgejahren wuchsen die Spendeneinnahmen weiter: auf 1313 Millionen Euro im Jahr 2007 und 1401 Millionen Euro im Jahr 2008. In diesen Summen sind anlassbezogene Spenden wie auch gespendete Erbschaften enthalten.

Einen Grund für den Anstieg sieht DFRV-Geschäftsführer Peter Leetz in der Reform der Erbschaftssteuer 2006, die es leichter gemacht habe, Erbschaften im Voraus als Spende zu verteilen. Nach den bisherigen Schätzungen geht der DFRV davon aus, dass „auch 2009 gut gelaufen“ sei: Trotz Krise rechne man nur mit einem Rückgang von 7 Prozent.

Auch Roland Adler von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ist zuversichtlich, dass der private Spendenmarkt 2009 trotz Krise „dasselbe Niveau wie im Vorjahr“ halten wird. Nach Analysen der GfK spenden heute weniger Menschen insgesamt mehr Geld: Bei steigender Gesamtsumme ging die Zahl der privaten Spender von 13,6 Millionen (2006) auf 12,9 Millionen (2008) leicht zurück. Dabei betrug eine Einzelspende 2008 im Schnitt 27,82 Euro. Nach einer GfK-Langzeit-Studie ragten seit 1991 vor allem drei Jahre durch Rekordergebnisse heraus:

1999: umgerechnet 110 Millionen Euro in Deutschland für die Opfer Kosovo-Konflikts.

2002: rund 350 Millionen Euro für die Betroffenen der Elbeflut.

2005: der bisher unerreichte Rekord von 670 Millionen Euro für die Tsunami-Opfer.

Rund 70 Prozent der privaten Spender sind älter als 50 Jahre. Im Fall des Tsunami engagierten sich auch ungewöhnlich viele jüngere Spender ab 18 Jahren. Die Deutschen spenden zwar zuverlässig, aber im Vergleich zu den angloamerikanischen Ländern ist die Spendenkultur hierzulande „wenig ausgeprägt“, befand eine McKinsey-Studie vom Dezember 2008. So geben die Deutschen nur 0,4 Prozent ihres verfügbaren Einkommens an wohltätige Organisationen ab, mit der Kirchensteuer sind es 0,9 Prozent. Demgegenüber wenden US-Bürger rund 2 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für gemeinnützige oder religiöse Zwecke auf.