Hannover/Paris. Die große Schweinegrippe-Epidemie ist bisher ausgeblieben, die Deutschen sind impfmüde - in Niedersachsen etwa ließen sich nur zehn Prozent der Bevölkerung impfen - und statt der ursprünglich empfohlenen zwei Impfungen reicht auch eine. Die für die Impfung zuständigen Bundesländer wollen nun überzählige Impfdosen loswerden und nicht allein auf den Kosten sitzen bleiben. Sie hoffen deshalb auf Zugeständnisse des Herstellers GlaxoSmithKline (GSK), um eine geringere Abnahme des Schweinegrippe-Impfstoffs Pandemrix durchzusetzen. Ziel der Länder sei es, nur die Kosten für Impfdosen für 30 Prozent der Bevölkerung übernehmen zu müssen, sagte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Mechthild Ross-Luttmann (CDU), in Hannover. "Wir haben jetzt Impfdosen für 60 Prozent der Bevölkerung - 60 Prozent werden sich niemals impfen lassen. Für mich ist ganz wichtig, dass wir zumindest schon mal zehn Prozent runtergehen können", sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin.

Für die verbleibenden 20 Prozent forderte sie ein finanzielles Entgegenkommen des Pharmakonzerns. Die Länder wollen morgen in Berlin mit dem Pharmakonzern die Mengen neu aushandeln.

Die Länder hatten 50 Millionen Dosen des Impfstoffs Pandemrix für 416,5 Millionen Euro geordert. Dies geschah jedoch noch in der Annahme, dass eine zweifache Impfung notwendig ist.

Anfang Dezember hatte das Robert-Koch-Institut aber darauf hingewiesen, dass schon eine einmalige Impfung den nötigen Schutz sicherstelle. Um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben, forderte Ross-Luttmann auch Unterstützung von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). "Der Bund hat uns ja immer sehr gedrängt, mehr Impfstoff zu bestellen, als wir tatsächlich bestellt haben. Von daher sehe ich auch den Bund mit in der Pflicht, uns auch bei den Verhandlungen zu unterstützen."

In Frankreich hat die Regierung schon 50 Millionen Dosen abbestellt. Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot räumte aber ein, dass bisher nur mit einem Pharmakonzern eine Stornierung ohne Entschädigung vereinbart worden sei. Ziel Frankreichs sei es, mehr als die Hälfte der ursprünglich eingeplanten 712 Millionen Euro für den Impfstoff einzusparen, sagte die Bachelot dem Fernsehsender TF1. Mit dem Pharmakonzern Sanofi-Pasteur habe sich die Regierung darauf verständigt, dass neun Millionen von insgesamt 28 Millionen Dosen ohne Entschädigung abbestellt würden. Mit den anderen Firmen werde noch verhandelt. "Wir werden sehr hart diskutieren", sagte die Gesundheitsministerin. Zwar gebe es in den Verträgen keine Verzichtsklausel, die Lage habe sich aber "wesentlich verändert".

Betroffen sind auch die Pharmafirmen Glaxo-Smith-Kline aus Großbritannien und Novartis aus der Schweiz. Bei ihnen will Paris 32 Millionen beziehungsweise sieben Millionen Dosen abbestellen. Frankreich hatte im Sommer insgesamt 94 Millionen Impfdosen bestellt, um fast drei Viertel seiner Bevölkerung mit jeweils zwei Dosen zu impfen. Bisher haben sich aber nur fünf Millionen Franzosen impfen lassen. Einen Teil des überzähligen Impfstoffs will Paris jetzt im Ausland verkaufen. 9,4 Millionen Dosen spendet Frankreich zudem der Weltgesundheitsorganisation WHO für arme Länder.