Berlin. Seit neun Jahren wird über die Errichtung eines Dokumentationszentrums zu den Vertreibungen im Europa des 20. Jahrhunderts diskutiert. Im September 2000 gründeten Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach (CDU) und der inzwischen verstorbene SPD-Politiker Peter Glotz die Stiftung "Zentrum gegen Vertreibungen" mit dem Ziel, eine solche Gedenkstätte in Berlin zu schaffen.

In Polen und Tschechien stieß die Idee prompt auf Ablehnung. Die Nachbarländer befürchteten, dass ein solches Projekt Geschichte relativieren könnte. Auch die rot-grüne Bundesregierung stellte sich gegen die Stiftung und setzte sich für eine Alternative ein. Zusammen mit Polen, Ungarn und der Slowakei gründete sie im Februar 2005 ein "Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität", das der gemeinsamen Erforschung und Erinnerung an die Vertriebenengeschichte im 20. Jahrhundert dienen sollte.

Im Gegensatz zur Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach sich die Union von Anfang an für ein Vertriebenenzentrum in Berlin aus. In den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2005 einigten sich Union und SPD auf eine Kompromissformel. Im Koalitionsvertrag hieß es: "Wir wollen im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein sichtbares Zeichen setzen, um - in Verbindung mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität über die bisher beteiligten Länder Polen, Ungarn und Slowakei hinaus - an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten."

Das Konzept für die Gedenkstätte wurde unter Federführung von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) ausgearbeitet. Die rechtlichen Grundlagen schuf die Koalition im Dezember 2008 mit der Gründung der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". Dem Stiftungsrat gehören Vertreter des BdV, des Bundestags, der Regierung, der evangelischen und der katholischen Kirche, des Zentralrats der Juden sowie die Präsidenten der Stiftungen "Deutsches Historisches Museum" sowie "Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" an. Die Ausstellungs- und Dokumentationsstätte zur Erinnerung und zum Gedenken an Flucht und Vertreibung soll im Deutschlandhaus am Anhalter Bahnhof in Berlin entstehen. In der Dauerausstellung soll vor allem über die rund 14 Millionen deutschen Vertriebenen, aber auch über das Schicksal von Flüchtlingen anderer Nationen informiert werden. Die Sanierungskosten für das Deutschlandhaus werden auf 29 Millionen Euro geschätzt. Der Betrieb soll jährlich 2,4 Millionen Euro kosten.