Berlin. Die Bürger müssen sich wegen der Steuerpolitik der Koalition auf Leistungskürzungen ihrer Städte und höhere Gebühren einstellen. Wegen der Wirtschaftskrise sei die Finanzlage der 12 500 Kommunen bereits katastrophal, schlug der Städte- und Gemeindebund (DStGB) gestern Alarm. Auch den Rechtsanspruch auf Kleinkinderbetreuung sieht er auf der Kippe.

Dem DStGB zufolge brachen die Einnahmen der Kommunen 2009 um 7,7 Milliarden Euro ein, vor allem, weil die Gewerbesteuer 17 Prozent weniger einbrachte. Hinzu kämen nun Ausfälle durch bereits beschlossene Steuerentlastungen und die Konjunkturpakete. Zugleich steigen die Sozialausgaben, etwa für Langzeitarbeitslose. Für 2010 erwartet der Verband deshalb ein kommunales Haushaltsloch von zwölf Milliarden Euro.

"Für weitere Steuersenkungen sehen wir keinerlei Spielraum", sagte Verbandspräsident Christian Schramm. Stattdessen müsse der Schuldensumpf trockengelegt werden. Viele Gemeinden seien bereits auf kurzfristige Kassenkredite angewiesen, um überhaupt die Gehälter zahlen zu können. In ihrer Not drehten die Städte deshalb an allen Stellschrauben. So würden in Essen Grundschulen geschlossen, in Remscheid die Straßenbeleuchtung reduziert oder in Duisburg die Wassertemperatur in den Schwimmbädern gesenkt.

Bei Gebührenerhöhungen sind die Möglichkeiten der Städte begrenzt, weil diese nicht über den tatsächlichen Kosten liegen dürfen. Allerdings ist das bei vielen Leistungen nicht der Fall. So decken die Eltern mit ihren Kindergartenbeiträgen im Schnitt nur 15 Prozent der Kosten, bei Theaterkarten sind es sogar nur fünf bis zehn Prozent. Neben dem Gemeindebund warnte auch der Städtetag vor steigenden Gebühren. Die Gemeinden würden 2010 zum Teil nicht umhinkommen, bei einzelnen Leistungen die Gebühren stärker an die Kosten anzupassen, sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Im Ergebnis könnten die von der Koalition verabredeten - aber umstrittenen - Steuerentlastungen um 20 Milliarden Euro 2011 für die Bürger daher auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen oder gar zu neuen Belastungen führen. Zudem droht eine Kürzung der Investitionen in Straßen oder öffentliche Gebäude. Schramm forderte, statt der Steuerentlastungen sollte die Regierung die Investitionskraft der Gemeinden stärken, die für die lokale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zentral sei.