Hamburg/Berlin. Die Politik ahnt es, die Wirtschaftsexperten sind sicher: Deutschlands Bürger lassen sich nicht täuschen, wenn es um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz geht. "Wir erwarten keinen gravierenden Anstieg des privaten Konsums. Die meisten Bürger rechnen nach 2010 mit Steuererhöhungen. Die privaten Haushalte antizipieren das bereits", sagte der Leiter der Konjunkturabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Prof. Christian Dreger, dem Abendblatt.

"Angstsparen" nennen das die Ökonomen. Die Sorge um den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes überwiegt die Freude über einige Euro mehr im Portemonnaie. Für das Abendblatt bewertete Dreger die Maßnahmen des Gesetzes.

Familien: Mehr Kindergeld und höhere Freibeträge bringen laut DIW nicht den erhofften Schub für die Konjunktur. "Es besteht kein Konsumbedarf", sagt Dreger.

Erbschaftssteuer: "Die Änderungen an den Steuersätzen für Geschwister, Nichten und Neffen kann man nicht als Konjunkturpolitik verkaufen", so Dreger. Denn das heiße ja im Umkehrschluss, dass die Erbenregelungen wieder verschärft würden, wenn die wirtschaftliche Lage wieder besser sei.

Ermäßigte Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen: Der Experte sagt klar: "Das ist herausgeschmissenes Geld." Mit der Ausnahmeregelung werde nur eine bestimmte Klientel befriedigt.

Unternehmenssteuern: Dreger glaubt: "Das ist alles gut und schön, bringt langfristig aber nicht viel." Ob die Unternehmen tatsächlich wieder mehr investieren, hänge von den erwarteten Gewinnen ab. Der Absatz von deutschen Produkten in die EU, nach Osteuropa und Russland wird nicht so stark ansteigen, weil die Folgen der Wirtschaftskrise dort nur ein bestenfalls moderates Wachstum ermöglichen.

Nach China und Indien und andere Teile Asiens, wo es bereits wieder boomt, gehen dagegen nur kleine Anteile des deutschen Exports. "Die Unternehmen halten sich zurück, weil ihre Kapazitäten nicht ausgelastet sind."

Ausblick: Das DIW rechnet in den kommenden Jahren damit, dass die Steuern erhöht statt gesenkt werden. Konjunkturexperte Dreger sagt: "Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt reichen nicht, um die Staatsschulden zu senken wie vorgeschrieben. Deshalb werden voraussichtlich die Steuern erhöht. Einkommens- und Lohnsteuer wird man vermutlich nicht anheben, weil man Leistungsanreize stärken will. Also wird man die Mineralölsteuer oder die Mehrwertsteuer erhöhen." Dann wäre auch der Steuervorteil für reine Biokraftstoffe durch das jetzt verabschiedete Turbo-Gesetz wieder passé.