Minister spricht von “Kampfeinsatz“ am Hindukusch und räumt Fehleinschätzung des Angriffs von Kundus ein.

Hamburg/Kundus. Als habe es noch einer Demonstration bedurft, vor welch ernstem Hintergrund der deutsche Verteidigungsminister die Bundeswehr-Truppe in Kundus aufsuchte, griffen die Taliban eine deutsche Patrouille unweit des Feldlagers mit Panzerabwehrwaffen und Sturmgewehren an. Die Bundeswehr feuerte zurück und die Angreifer verschwanden. Diesmal war es glimpflich ausgegangen, doch Karl-Theodor zu Guttenberg sprach im ARD-Morgenmagazin ein weiteres Mal von einem "Kampfeinsatz" der Deutschen am Hindukusch.

Auch sein zweiter Besuch in Afghanistan innerhalb von vier Wochen fand vor dem Hintergrund des verheerenden Bombardements in Kundus und der folgenden Informationspanne statt. Er wollte die "Entscheidungsstränge" entwirren, die zu dem Angriff geführt hatten. Journalisten waren diesmal nicht an Bord der Maschine, dafür aber Obleute der Bundestagsfraktionen. "Hier besteht ein berechtigter Aufklärungsbedarf des Deutschen Bundestages", sagte Guttenberg in Kundus. Er stellte sich jedoch ein weiteres Mal hinter den deutschen Oberst Georg Klein, der das Bombardement durch US-Kampfflugzeuge am 4. September angefordert hatte. Dabei war neben Taliban-Aufständischen auch eine unbekannte Zahl von Zivilisten getötet worden. Klein habe "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt", sagte Guttenberg, weil er "seine Soldaten schützen wollte".

Mit Kleins Nachfolger als Kommandeur des regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in Kundus, Oberst Kai Rohrschneider, sprach der Minister - selber Unteroffizier der Reserve der Gebirgsjäger - offenbar auch über die angekündigten Entschädigungszahlungen für die Angehörigen der zivilen Opfer. Er wolle den deutschen Soldaten angesichts der in Deutschland geführten Debatten seine Wertschätzung für ihren Einsatz in Afghanistan ausdrücken, erklärte Guttenberg und äußerte noch einmal Verständnis dafür, dass Soldaten von "Krieg" sprechen. "Da dürfen wir nicht um den heißen Brei herumreden."

Guttenberg warnte in Kundus vor einer Diskreditierung der Soldaten durch die Arbeit des Bundestags-Untersuchungsausschusses, der sich kommenden Mittwoch konstituieren soll. Die Arbeit des Gremiums müsse im Gegenteil "zur Optimierung der Rechtssicherheit beitragen", forderte Guttenberg. Er fügte hinzu, seinen Besuch in Afghanistan wolle er als Botschaft verstehen, dass er als Verteidigungsminister wie der Großteil der Bevölkerung hinter den Soldaten und dem Einsatz stehe.

Seine ursprüngliche Bewertung aus der Pressekonferenz vom 6. November, der Luftangriff auf die beiden von den Taliban gekaperten Tanklaster sei "militärisch angemessen" gewesen, nannte der Minister noch einmal eine "Fehleinschätzung", die auf dem damaligen Kenntnisstand basiert habe. Er betonte, den Bericht des Roten Kreuzes über zahlreiche zivile Opfer habe er am 6. November "in dem Moment, indem ich ihn bekommen habe, auch sofort mitgeteilt". Im Wesentlichen stützte er sich aber auf den Nato-Bericht. Durch den Angriff sei Zivilisten "fürchterliches Leid" widerfahren.

Der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels nannte die Informationspolitik Guttenbergs "desaströs". Bartel meinte im WDR, Guttenberg habe sich damit "selber ein massives Glaubwürdigkeitsproblem geschaffen". Die Linksfraktion forderte derweil eine Auflösung des KSK. Die Eliteeinheit soll an der Entscheidung für den Luftangriff beteiligt gewesen sein. Die Abgeordnete Inge Höger meinte, eine Einheit, die so geheim agiere, dass nicht einmal das Parlament über ihre Operationen informiert sei, "darf es in einer Demokratie nicht geben".