Jeder zehnte Deutsche lebt von staatlicher Hilfe - und das sind noch die Zahlen aus dem wirtschaftlich guten Jahr 2007. Die Schwarzmaler sehen für das Krisenjahr 2009 noch dramatischere Zahlen voraus. Kein Wunder, dass die Sozialpolitik der vergangenen Jahre von Linken und Gewerkschaftern pauschal für gescheitert erklärt wird. Doch so einfach ist es nicht. In den Daten des Statistischen Bundesamtes schlummert die Erkenntnis, dass die Zahl der Fürsorgeempfänger dank guter Konjunktur zurückgeht.

Und da hatten die großen Reformen der vergangenen Jahre angesetzt: Das Ziel waren mehr Jobs und damit mehr Geld im Steuersäckel und in den Sozialkassen. Dieser Mechanismus wird allzu leicht vergessen, wenn man über Hartz IV und die Folgen wettert. Hartz IV ist ein Code für Abstieg, Ausgrenzung und Ausweglosigkeit. Das stimmt.

Das Maßnahmenpaket - unter Schmerzen von Rot-Grün geboren und in der Großen Koalition zaghaft fortgesetzt - hatte jedoch Erfolg. Denn mit dem "Fordern und Fördern" sanken die Arbeitslosenzahlen, ist die Erwerbsquote Älterer gestiegen. Auf Kosten des Sozialstaates werden nicht mehr so viele über 50-Jährige in den Ruhestand geschickt. Die Rente und die private Altersvorsorge wurden vorsichtig demografiefest gemacht.

Allerdings hat die Krise mehr Niedriglohnempfänger hervorgebracht. Und Mini-Jobs führen absehbar zu Mini-Renten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung tut gut daran, die Diskussionen um Steuern, Gesundheit und Kindergeld neu zu justieren. Es ist offensichtlich, dass die Leistungsträger entlastet werden, die Arbeitskosten nicht weiter steigen dürfen. Aber ein neues Abgabensystem muss vor allem auch die Arbeitnehmer entlasten, die an der Grenze zur Hilfebedürftigkeit stehen. Gerechtigkeit ist mehr als ein Wort in einem Koalitionsvertrag.