Kanzlerin will Krise schnell beenden. Ursula von der Leyen wird neue Arbeitsministerin, die 32 Jahre alte Kristina Köhler Familienministerin.

Hamburg/Berlin. Es war der Tag der Paukenschläge in Berlin. Zunächst trat ein sichtlich angeschlagener Franz-Josef Jung vor die Presse und erklärte seinen Rücktritt vom Amt des Arbeitsministers. Der CDU-Politiker zog damit die Konsequenzen aus dem Informationsdebakel in dem seinerzeit von ihm geleiteten Verteidigungsministerium nach dem Bombardement in Kundus am 4. September mit bis zu 142 Toten. Nur wenige Stunden später verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine faustdicke Überraschung: Nachfolgerin Jungs im Amt des Ministers für Arbeit und Soziales wird die bisherige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Deren Ressort wiederum soll die bislang bundesweit wenig bekannte CDU-Bundestagsabgeordnete Kristina Köhler übernehmen. Sie ist erst 32 Jahre alt.

Die Opposition sprach von einem "klassischen Fehlstart" der schwarz-gelben Koalition. Noch nie zuvor musste eine Bundesregierung so früh - nur einen Monat nach der Vereidigung - umgebildet werden.

Jungs Rücktritt war endgültig unvermeidlich geworden, nachdem am Freitag neue Details über die Vertuschung von Informationen über zivile Todesopfer bei dem Angriff vom 4. September bekannt geworden waren. Wie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mitteilte, seien ihm insgesamt neun Einschätzungen zu dem Luftangriff vorenthalten worden. Aufgrund des Vorwurfes, Informationen unterschlagen zu haben, waren am Donnerstag bereits Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert entlassen worden. Guttenberg will beide aber wegen ihrer früheren Verdienste mit einem Großen Zapfenstreich verabschieden.

Jung, der am Donnerstag einen Rücktritt noch abgelehnt hatte, sagte in seiner zweiminütigen Stellungnahme, er habe seiner Erklärung vom Vortag im Bundestag nichts hinzuzufügen. Darin hatte er jede Schuld zurückgewiesen. In seiner Rücktrittserklärung schob er die Verantwortung für die Informationspanne dem Ministerium zu. Doch auch nach seinem Rücktritt besteht die Opposition auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Mit Jungs "folgerichtigem" Abgang sei noch keine der offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Luftangriff geklärt, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier dem Abendblatt. Die Bevölkerung habe ein Anrecht auf umfassende Klärung. Deshalb sei ein Untersuchungsausschuss weiter unbedingt notwendig.

Von der Leyen sagte, sie freue sich auf ihre neue Aufgabe und sei sich der Verantwortung des Postens "gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise sehr bewusst". Der 51-jährigen Ärztin waren bereits bei der Regierungsbildung Ambitionen auf einen anderen Kabinettsposten nachgesagt worden.

Die Soziologin Kristina Köhler, sie kommt wie Jung aus Hessen, ist im Gegensatz zu der siebenfachen Mutter von der Leyen ledig und kinderlos.