Berlin. Nach dem Urteil des niedersächsischen Finanzgerichts zum Solidaritätszuschlag hat die FDP die Sonderabgabe zur Einkommenssteuer grundsätzlich infrage gestellt. Der finanzpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Carl-Ludwig Thiele, erklärte gestern in Berlin: "Im Rahmen einer umfassenden Steuerreform sollte der Solidaritätszuschlag schrittweise abgebaut werden und spätestens mit dem Ende des Solidarpakts II im Jahre 2019 auslaufen."

Der Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses, Volker Wissing (FDP), forderte ebenfalls, aus einer Sonderabgabe dürfe keine Dauerabgabe werden. "Da ist der Soli im Grenzbereich. Deshalb stehen wir einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit offen gegenüber", sagte er der "B.Z.". Ähnlich äußerte sich der Fraktionschef der FDP in Nordrhein-Westfalen, Gerhard Papke. Er sagte dem "Handelsblatt": "Der Solidaritätszuschlag hat sich überlebt. Wenn die Politik bisher nicht die Kraft hat, dem Soli den Garaus zu machen, dann hilft vielleicht jetzt ein höchstrichterlicher Impuls."

Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Leo Dautzenberg, erklärte hingegen, die Union stehe fest zum Aufbau Ost. "Dazu leistet der Solidaritätszuschlag einen unverzichtbaren Beitrag. Gerade in Anbetracht der durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise bedingten haushalterischen Rahmenbedingungen werden wir auch in den nächsten Jahren nicht auf den Solidaritätszuschlag verzichten können."

Der Bund der Steuerzahler forderte die Politik hingegen auf zu reagieren, bevor eine Entscheidung des Verfassungsgerichts gefallen ist. "Da die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag allein dem Bund zufließen, kann dieser auch schnell und ohne Zustimmung der Länder abgeschafft werden", sagte Verbandsgeschäftsführer Reiner Holznagel "Handelsblatt Online".

Scharfe Kritik am Urteil kam von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). "Es befremdet mich sehr, dass 18 Jahre nach Einführung des Solidaritätszuschlags eine kleine Gruppe von Richtern befindet, dass der Soli von Beginn an verfassungswidrig gewesen sei."

Wenn Richter gegen gesamtdeutsche Solidarität urteilten, "dann wird es in Deutschland sehr ungemütlich, dann wird es auch gefährlich", so Thierse gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger".