Die Sozialdemokraten beginnen sich eine Woche nach dem Dresdner Parteitag strategisch und personell neu zu positionieren.

Berlin. Die Sozialdemokraten beginnen sich eine Woche nach dem Dresdner Parteitag strategisch und personell neu zu positionieren. Der Parteivorstand wählte gestern aus seiner Mitte ein verjüngtes Präsidium, das den engeren Führungskern um den neuen Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel bildet.

Gabriel selbst ging zudem in einem Interview der "Welt" deutlich auf Distanz zu den Grünen als langjährigem Koalitionspartner der SPD. "Die Grünen sind gegen Atomkraft. Aber sie verhelfen Konservativen zur Mehrheit, sofern sie Regierungsposten erhalten", sagte der Parteivorsitzende und bezog sich damit insbesondere auf die Jamaika-Koalition zwischen CDU, Grünen und FDP im Saarland, die dem Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) das Amt gerettet hat.

Auch in Nordrhein-Westfalen "liebäugelten" die Grünen mit der CDU, sagte Gabriel weiter. Für die SPD gelte daher: "Wir müssen damit leben, dass die Grünen nicht mehr unser traditioneller Partner sind. Sie aber müssen beizeiten auch ihren Wählern erklären, wenn sie es vorziehen, mit einer verbrauchten CDU zu regieren statt mit einer zum Aufbruch fähigen SPD." Bei den Grünen provozierten Gabriels Äußerungen spöttische Gegenreaktionen. "Wir sehen mit Interesse, dass jemand, der soeben vier Jahre im Bund mit der Union koaliert hat, glaubt, den Grünen derartige Vorwürfe machen zu können", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin dem Hamburger Abendblatt. "Dazu kommt, dass Sigmar Gabriels ehemaliger Staatssekretär jüngst in Thüringen die Juniorpartnerschaft mit der CDU einem möglichen Rot-Rot-Grünen Bündnis vorgezogen hat und seine Partei in zwei weiteren Ländern mit den Schwarzen regiert", erinnerte Trittin.

"Wir bewahren unsere Unabhängigkeit", betonte Hamburgs Grünen-Chefin Katharina Fegebank. "Gabriel muss es schon uns überlassen, festzustellen, welcher potenzielle Partner wie eingestaubt oder verbraucht ist", so Fegebank zum Abendblatt. "Der Aufbruch, den er beim SPD-Parteitag verkündet hat, bildet sich in der Realität doch noch gar nicht ab", sagte Fegebank in Anspielung auf die Neuwahl des Präsidiums, in dem einige alte Gesichter, allerdings erstmals auch die vergleichsweise jungen SPD-Landesvorsitzenden Heiko Maas (Saarland), Florian Pronold (Bayern) und Thorsten Schäfer-Gümbel (Hessen) vertreten sind.

"Wir haben heute den Generationswechsel an der SPD-Spitze fortgesetzt", sagte deshalb Generalsekretärin Andrea Nahles. Im neuen Präsidium sei "eine ganze Reihe von Zukunftspotenzial unserer Partei versammelt".

Für die neun zu wählenden Präsidiumsplätze gab es zehn Kandidaten, weshalb die Postenvergabe weitgehend konfliktlos verlief, zumal alle Landesteile und politischen Richtungen zum Zuge gekommen waren. Das Personaltableau wurde bereits am Wochenende festgezurrt. Unterlegen war am Ende nur der niedersächsische Landesvorsitzende Garrelt Duin, der in einer Stichwahl weniger Stimmen als der Steuer- und Finanzexperte der Fraktion, Joachim Poß, und Thüringens Vizeregierungschef Christoph Matschie erhielt. Neu im Präsidium ist auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen. Als Mitglieder bestätigt wurden die Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion, Elke Ferner, sowie Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner und die jüngst vom Amt der SPD-Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg zurückgetretene Ute Vogt.