Unbeeindruckt von der Kritik hält Kanzlerin Angela Merkel an den Plänen für milliardenschwere Steuerentlastungen fest.

Berlin. Unbeeindruckt von der wachsenden Kritik aus den Bundesländern hält Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an den Plänen für milliardenschwere Steuerentlastungen in den kommenden Jahren fest. Immer mehr Länder warnen jedoch vor einer Überforderung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte ihnen eine faire Lastenaufteilung zu. Merkel und Schäuble ließen offen, in welchem Umfang Steuerentlastungen ab 2011 hinzukommen.

Die Bundeskanzlerin kündigte an, es werde "weitere große Schritte" geben. Als Zeitpunkt nannte die CDU-Chefin am Freitag bei einem Treffen der Mittelstands-Union "möglichst 2011" - wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die von der FDP geforderte Einführung eines Stufentarifs erwähnte Merkel nicht. Merkel versprach, dass es zum 1. Januar 2010 auf alle Fälle zu Korrekturen der Erbschaftssteuer kommen werde. "Das ist ein wichtiges Signal an diejenigen, die ihr Unternehmen von Generation zu Generation weitergeben." Sie bekräftigte Änderungen bei der Unternehmenssteuer.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte: "Der Koalitionsvertrag wird durchgesetzt."

Die Große Koalition von Union und SPD hatte für das kommende Jahr bereits Entlastungen von 14 Milliarden Euro beschlossen. Die neue schwarz-gelbe Regierung will für 2010 weitere Steuererleichterungen von bis zu 8,4 Milliarden Euro zugunsten von Eltern, Unternehmen, Erben und Hoteliers. Das Kabinett und die Regierungsfraktionen beraten darüber an diesem Montag. Weitere Entlastungen sollen möglichst ab 2011 folgen. Nach dem Willen von Union und FDP soll das Volumen hierfür bis zu 24 Milliarden Euro jährlich betragen.

Heftiger Einspruch kam von der SPD. Der stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende Joachim Poß sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Die Hoffnung, auf diesem Weg die Wirtschaft so anzukurbeln, dass Steuerausfälle wieder ausgeglichen werden, ist absurd." In der Wirtschaftskrise gehe die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Kommunen ohnehin stark zurück. "Wenn hier noch Milliarden an Einnahmeverlusten durch weitere Steuersenkungen obendrauf kommen, dann fallen die Kommunen bald als Investor für den Mittelstand völlig aus."

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) warnte ebenfalls vor einem "schwindenden finanziellen Spielraum der Gemeinden angesichts wachsender Aufgaben und sinkender Steuereinnahmen". Es sei Aufgabe der Kommunen, die Kinderbetreuung auszubauen, das Bildungswesen zu verbessern und gleichzeitig die Schuldengrenzen einzuhalten. "Wie wir das gleichzeitig bei massiven Steuersenkungsprogrammen, die in unseren Haushalten ankommen, leisten können, ist für mich zurzeit noch nicht nachvollziehbar", sagte Böhrnsen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) beschwor Schwarz-Gelb gar: "Hände weg von Steuersenkungen!" Der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) nannte die Steuersenkungspläne kurz "aberwitzig". Dabei sind etwa zwei Drittel der 22 Milliarden umfassenden Steuererleichterungen, die im nächsten Jahr wirksam werden sollen, in der vergangenen Legislatur von der SPD mit beschlossen worden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den Ländern unterdessen eine "faire Aufteilung" der Einnahmeausfälle durch die anstehenden Steuersenkungen zugesagt. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das zum 1. Januar in Kraft treten soll, werde Bürger und Unternehmen um 8,4 Milliarden Euro entlasten. "4,5 Milliarden Euro der Steuerausfälle trägt der Bund", sagte der Minister der "Passauer Neuen Presse". Beim Kindergeld werde der Bund 74 Prozent der Kosten übernehmen, die Länder müssten nur 26 Prozent tragen. "Das ist eine faire Aufteilung."