Üblicherweise endet der Wahlkampf spätestens am Wahltag. Dann sind die Würfel gefallen. Am vergangenen Sonntag gab es ein deutliches Urteil zugunsten von Union und FDP.

Nun haben zwar die Koalitionsverhandlungen noch gar nicht begonnen, die an der künftigen Regierung nicht beteiligten Parteien scheinen das Ergebnis aber schon zu kennen und setzen auf dieser hellseherischen Basis einfach ihren Wahlkampf fort. Unermüdlich wird vor sozialem Kahlschlag, kaltem Neoliberalismus und der Renaissance der Atomenergie gewarnt, ein heißer Herbst versprochen.

Die Grüne Renate Künast beschwört gar die Wiederbelebung der Außerparlamentarischen Opposition herauf. Als ob ihre Partei nicht im Bundestag säße.

Ausgemalt wird ein Szenario, als würde Schwarz-Gelb wieder bei 1982 anfangen, könnten die Schlachten um Gorleben und Wackersdorf erneut geschlagen werden. Aber die Welt hat sich weitergedreht. Auch die bürgerlichen Parteien haben ihre Umweltprogramme, und nicht einmal der FDP kann soziale Gewissenlosigkeit unterstellt werden. Es gibt allerdings verschiedene Definitionen von sozial. Welche die bessere ist, muss die Praxis zeigen.

80 Prozent der Deutschen seien gegen die Kernenergie, wird gern ins Feld geführt. Mindestens ebenso viele wollen aber auch das Klima retten und billigen Strom beziehen. Alle wollen Arbeitsplätze erhalten oder schaffen sowie Sozialbeiträge und Steuern im erträglichen Rahmen halten. In diesem Spannungsbogen zwischen Weltenrettung, Sicherung des Lebensstandards und Schnäppchenjagd gilt es, pragmatische Politik zu machen. Die Ansichten von Union und FDP waren bekannt - und sie haben eine Mehrheit dafür bekommen. Auch ein noch so emotional dargebotener Endlos-Wahlkampf bringt niemanden weiter.