Die hohe Zahl von möglichen Nichtwählern und Unentschlossenen wenige Tage vor der Bundestagswahl am Sonntag besorgt Politiker, Experten und Kirchenvertreter.

Sie warnten gestern vor einer Gefahr für die Demokratie, wenn zu viele Stimmberechtigte nicht wählen gehen. Als Grund für das geringe Interesse an der Wahl gilt vor allem Parteienverdrossenheit.

Umfragen zufolge muss mit einer der niedrigsten Wahlbeteiligungen seit Bestehen der Bundesrepublik gerechnet werden. 2005 lag sie noch bei 77,7 Prozent. Zudem haben sich wenige Tage vor der Wahl nach Erkenntnissen der Institute rund 35 Prozent der Stimmberechtigten noch immer nicht entschieden, wo sie ihr Kreuz machen. 15 Prozent wissen zudem noch nicht, ob sie überhaupt wählen gehen sollen.

Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Es macht (...) mir große Sorge, wenn ich höre und lese, wie viele Menschen noch nicht entschieden haben, wen sie wählen wollen und ob sie überhaupt zur Wahl gehen sollen."

Weit mehr als die Hälfte der Nichtwähler gehöre sozial benachteiligten Schichten an, sagte der Politologe Detlef Sack. Wenn sich diese Gruppe aus der Demokratie verabschiede, werde sie von der Politik als Wählerklientel nicht mehr wahrgenommen.

Insgesamt fühlen sich drei von vier Nichtwählern vom Wahlkampf nicht angesprochen. Das ist das Fazit einer vom "Handelsblatt" bei Infratest dimap in Auftrag gegebenen Umfrage. Bischof Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rats der Evangelischen Kirche Deutschlands, warnte die Desinteressierten in der "B.Z.": "Jammern gilt nicht! (...) Wer sich nicht an der Bundestagswahl beteiligt, braucht sich auch nicht über die Steuerpolitik oder die Rentenentwicklung zu beschweren."