Verkehrsminister Tiefensee stellt Strom für zwölf Millionen Haushalte in Aussicht – und 30.000 neue Arbeitsplätze im Norden.

Hamburg. Bei der Energie-Erzeugung auf See galt bislang Dänemark mit seinen weltweit größten Windparks als alleiniger Vorreiter. Nach Willen der Bundesregierung soll Deutschland schon bald diesen Spitzenplatz einnehmen: Mit dem Bau von 40 Offshore-Windparks in Nordsee und Ostsee und damit rund 2500 neuen Windrädern setzt die Bundesregierung erstmals auf erneuerbare Energien vom Meer.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will die entsprechende Verordnung über die deutschen Windpark-Gebiete am Mittwoch dem Bundeskabinett vorlegen. Die Regierung soll demnach zuerst den Raumordnungsplan für die Nordsee festlegen. Dem Abendblatt sagte der Minister: "Wir rechnen im Norden mit 30 000 neuen industriellen Arbeitsplätzen in der Offshore-Windindustrie in den kommenden Jahren." Jetzt gehe es mit der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland voran. "Wir wollen, dass Deutschland am Ende vorne liegt. Wir sichern und schaffen neue Arbeit in den Märkten der Zukunft." Tiefensee betonte: "Die aktuelle Diskussion um das Atommüllager Gorleben zeigt uns wieder mal ganz deutlich, dass wir erneuerbare Energien weiter ausbauen müssen." Offshore-Windparks seien ein sinnvoller Beitrag zur umweltbewussten Energiegewinnung.

Nach Ministeriumsangaben sollen die Anlagen nach bisherigem Planungsstand in deutschen Gewässern jenseits der Zwölf-Meilen-Küstenlinie entstehen und zusammen mehr als 12 000 Megawatt Windenergie erzeugen. Mit dieser Leistung können mehr als zwölf Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden, heißt es im Verkehrsministerium. "Damit kommen wir unserem Ziel näher, bis zum Jahr 2030 bis zu 25 000 Megawatt über Offshore zu erbringen", sagte Tiefensee.

Von den 40 avisierten Windparks sollen 30 in der Nordsee und zehn in der Ostsee entstehen. Laut Ministerium sind 22 Parks bereits genehmigt. Eine Fläche von insgesamt 100 Quadratkilometern soll für die Offshore-Anlagen zur Verfügung gestellt werden. Die meisten neuen Windparks werden in den sogenannten Vorranggebieten in der Nordsee entstehen. Geplant sind die Parks im Gebiet "Nördlich Borkum" etwa 32 bis 50 Kilometer vor den Ostfriesischen Inseln, im Gebiet "Östlich Austerngrund" etwa 87 Kilometer nördlich von Borkum und im Gebiet "Südlich Amrumbank" etwa 40 Kilometer südwestlich von Amrum.

Auch in der Ostsee sind die Planungen weit vorangeschritten. Nach bisherigen Vorstellungen des Verkehrsministeriums sollen zwei Gebiete nördlich und nordöstlich von Rügen zu Vorranggebieten bestimmt werden. Nach jetzigem Planungsstand handelt es sich um die Gebiete "Kriegers Flak" und "Westlich Adlersgrund".

Die geplanten Offshore-Gebiete befinden sich in der sogenannten ausschließlichen Wirtschaftszone - und damit in dem Meerbereich zwischen Küstenlinie und internationalen Gewässern. Gut möglich, dass in den kommenden Jahren weitere Zonen für Windparks ausgewiesen werden. 2011 will die Bundesregierung überprüfen, ob sie weitere Vorranggebiete ausweisen will.

Erst einmal müssen Erkenntnisse aus den jetzigen Vorhaben gezogen werden - auch darüber, in welchem Maße Investoren auf die Offshore-Pläne der Regierung anspringen. Deswegen heißt es aus dem Ministerium vorsichtshalber: "Über den Kostenrahmen können wir noch nichts Konkretes sagen. Es geht allein um die Planungssicherheit."

Gleichwohl befindet sich Deutschlands erster Offshore-Windpark "alpha ventus" schon im Bau. 45 Kilometer vor Borkum stellt das leistungsfähigste Kranschiff der Welt "Thialf" zurzeit sechs Stahlfundamente auf den Meeresboden der Nordsee in 30 Meter Wassertiefe. Auf diesen Fundamenten sollen danach die Windräder installiert werden. Bisher plant hier das Konsortium der Energiekonzerne EWE, E.on und Vattenfall zwölf Windkraftanlagen.