Die Bundeskanzlerin sagte: „Wir trauern um jeden Einzelnen.“ Angela Merkel verbat sich aber Vorverurteilungen der Bundeswehr.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine „lückenlose Aufklärung“ der Bombardements in Afghanistan versprochen. „Ich stehe dafür ein, dass wir nichts beschönigen werden“, sagte sie in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag. Unter allen Umständen gelte: „Jeder in Afghanistan unschuldig zu Tode gekommene Mensch ist einer zu viel“, sagte Merkel: „Wir trauern um jeden Einzelnen.“ Sie verbat sich aber Vorverurteilungen der Bundeswehr.

Die Bundeswehr hatte vergangenen Freitag die Bombardierung zweier Tanklaster in Nordafghanistan veranlasst, die zuvor von Taliban gekapert worden waren. Dabei waren Dutzende Menschen ums Leben gekommen, darunter vermutlich auch Zivilisten. Wenn Unschuldige getötet oder verletzt worden seien, dann „bedauere ich das zutiefst“, sagte Merkel im Namen der Bundesregierung. Die unmittelbar nach dem Angriff geäußerte Kritik im Inland und Ausland wies sie zurück.

Merkel verteidigte den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auch grundsätzlich. Afghanistan sei eine Brutstätte des internationalen Terrorismus gewesen, von dem die Terroranschläge des 11. September 2001 in New York und weitere Anschläge in Madrid und London ausgegangen seien. Auch Deutschland sei im Visier der Terroristen, sagte sie mit Verweis auf die Sauerland-Gruppe. „Deshalb sollte niemand die Ursachen verwechseln. Der Afghanistan-Einsatz ist unsere Reaktion auf den Terror, er ist von dort gekommen und nicht umgekehrt.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat Forderungen nach einem sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zurückgewiesen. Deutschland sei in sein Engagement nicht „kopflos hineingestolpert“ und dürfe das Land deswegen auch nicht kopflos wieder verlassen, sagte Steinmeier im Bundestag. Das bedeute jedoch nicht, dass der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch eine „Daueraufgabe“ werde. Die Forderung nach einem sofortigen Abzug sei aber „unpolitisch und unhistorisch und deshalb nicht zu verantworten“.

FDP-Chef Guido Westerwelle hat die Informationspolitik der Bundesregierung nach dem Bombenangriff in Afghanistan kritisiert. Damit habe die Regierung „eher zur Verwirrung als zur Aufklärung beigetragen“, sagte Westerwelle im Bundestag. Zugleich lobte er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die in ihrer Regierungserklärung auch Worte des Bedauerns gefunden hatte. „Es ist wichtig, dass, wenn Fehler gemacht wurden, wir als ganzes Land die Verantwortung dafür übernehmen.“ Westerwelle sprach von einem „tragischen furchtbaren Freitag“. Noch wisse niemand genau, wie viele Menschen ums Leben gekommen seien. „Wir wissen auch noch nicht, wer welche Verantwortung trägt.“

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat die tödlichen Bombenangriff erneut gerechtfertigt. Als Oberst Georg Klein die Entscheidung getroffen habe, sei er vor einer Bedrohung „auch und gerade“ für die deutschen Soldaten ausgegangen, sagte Jung. SPD-Fraktionschef Peter Struck warnte vor „vorschnellen Urteilen“. Jeder Kommandeur müsse aus Verantwortung für seine Soldaten reagieren, wenn Gefahren absehbar seien. Die Grünen legten Jung den Rücktritt nahe.