Banken, Wirtschaft und Regierung wollen gemeinsam gegen die Kreditklemme vorgehen. Nach einem Spitzentreffen mit Verbänden sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) gestern in Berlin, man habe sich auf eine Selbstverpflichtung verständigt.

Berlin. Ziel sei es, gemeinsam alles zu tun, die Krise rasch zu überwinden und Unternehmen zu stabilisieren, besonders die kleinen und mittleren.

Es gebe "flächendeckend keine Kreditklemme", aber Engpässe und Verschlechterung der Konditionen, erklärte Steinbrück. Es gebe aber "nicht nur eine Bringschuld, sondern auch eine Holschuld". Wer einen Kredit benötige, müsse sich über alle Möglichkeiten der Finanzierung informieren. "Wir sind nicht über den Berg", erklärte der SPD-Politiker. "Wir werden es auf dem Arbeitsmarkt mit nachlaufenden Effekten zu tun haben." Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Hans Heinrich Driftmann, sagte, es gebe beim Mittelstand verstärkte Probleme beim Kreditzugang. Die Kreditkosten seien gestiegen, und es würden mehr Sicherheiten verlangt. Alle seien sich aber einig, dass auf die Konjunkturkrise keine Finanzierungskrise folgen dürfe.

Auch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, Uwe Fröhlich, betonte, es gebe "aktuell keine flächendeckende Kreditklemme".

Ebenfalls gestern beschloss die Bundesregierung Milliardenbürgschaften gegen die drohende Kreditklemme. So sollen Warenkreditversicherungen mit bis zu 7,5 Milliarden Euro unterstützt werden. Weitere maximal zehn Milliarden Euro sind als Globaldarlehen der Förderbank KfW vorgesehen, um die Kreditversorgung der Wirtschaft zu verbessern.

In einem Brief an seine G20-Ministerkollegen warnte Steinbrück davor, bei der Überwindung der Finanzkrise jetzt den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Um neue Verspannungen zu vermeiden, müssten die großen Industrie- und Schwellenländer (G20) außerdem eine gemeinsame Strategie zum Ausstieg aus ihren Konjunkturprogrammen entwickeln. Schützenhilfe kommt aus Frankreich. Das Spitzentreffen der G20-Regierungschefs findet Ende des Monats September im amerikanischen Pittsburgh statt. Vorbereitet wird es von den Finanzministern am Freitag und Sonnabend in London. In seinem Brief mahnte Steinbrück, die G20 müssten der Versuchung widerstehen, wegen der zaghaften Entspannung zum Tagesgeschäft zurückzukehren. Die Krise habe die Chance eröffnet, das Finanzsystem dauerhaft auf eine stabilere Basis zu stellen.

Als Bremser gilt vor allem Großbritannien, dessen Finanzsektor rund zwölf Prozent zur Wirtschaftskraft des Landes beiträgt. Aber auch Schwellenländer wie China befürchten, eine zu starke Regulierung könnte ihren jungen Finanzzentren schaden.

Die deutsche Regierung pocht dagegen auf die lückenlose Umsetzung der Beschlüsse des G20-Gipfels vom April in London. Dort war insbesondere vereinbart worden, dass kein Marktakteur oder Finanzprodukt mehr vom Staat unbeaufsichtigt bleiben soll. In der EU und in Deutschland hatte der Londoner Gipfel zu einer beispiellosen Serie von neuen Richtlinien und Gesetzesnovellen geführt. Diese reichen von strikteren Eigenkapitalanforderungen an Banken bis zu einem verbesserten Schutz von Kundeneinlagen.

Die Regulierungsoffensive birgt allerdings die Gefahr, dass sich einige Finanzplätze mit einem weniger scharfen Kurs einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. In seinem Brief dringt Steinbrück deshalb auf eine Gleichbehandlung der Finanzakteure weltweit.