Vor Beratung des EU-Begleitgesetzes im Bundestag an diesem Mittwoch hat die Große Koalition ihre Differenzen über die Reform der Europäischen Union noch nicht beilegen können.

Berlin/Brüssel. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, lehnte gestern in Berlin einen von der Union geforderten Entschließungsantrag ab, den CDU/CSU zur Voraussetzung für ihre Zustimmung zu dem Begleitgesetz erhoben haben. "Es wird keinen Entschließungsantrag geben mit falschen politischen Botschaften und falschen politischen Signalen", erklärte Oppermann.

In der Resolution will die Union durchsetzen, dass eine Zustimmung Deutschlands zum Reformvertrag von Lissabon nur im Rahmen der Interpretation des Bundesverfassungsgerichts gelten soll. Außerdem soll das Klagerecht des Bundes und der Länder vor dem Verfassungsgericht ausgeweitet werden, falls die EU ihre Kompetenzen überschreitet. Vor allem die CSU dringt auf die Resolution. Eine Sprecherin der CSU-Landesgruppe im Bundestag teilte mit, es sei keine Eile geboten; der Text müsse erst zur zweiten und dritten Lesung des Begleitgesetzes im September fertig sein. Mit dem Gesetz werden Auflagen des Bundesverfassungsgerichts für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon umgesetzt. Die ausgehandelte Regelung verpflichtet die Regierung unter anderem, das Parlament über EU-Verhandlungen umfassend und früh zu informieren. Der Bundestag kann Stellungnahmen abgeben, die die Regierung in ihren Verhandlungen auf EU-Ebene berücksichtigen muss. Allerdings sollen sie nicht bindend sein.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, warnte die CDU/CSU vor einer Verschärfung des Entwurfs. "Jetzt noch draufzusatteln wäre gefährlich. Der Abschluss der Ratifikation darf nicht gefährdet werden", sagte der SPD-Politiker dem Hamburger Abendblatt. "Ich bin froh darüber, dass sich die Parteien in relativ kurzer Zeit auf einen Entwurf für ein Begleitgesetz geeinigt haben. Deutschland darf nicht verantwortlich sein für eine Verzögerung des Reformvertrags von Lissabon und damit für eine institutionelle Krise in der Europäischen Union."

Mit dem Entwurf von Union und SPD sei er "durchaus zufrieden", sagte Verheugen. "Das Begleitgesetz birgt keine Probleme für die notwendige Weiterentwicklung der Europäischen Union. Vielmehr kann und muss es dazu führen, dass die europapolitische Diskussion in Deutschland kompetenter und effektiver wird."

Mehr Mitspracherechte für Bundestag und Bundesrat seien kein Problem für die europäische Entwicklung, solange sich die Deutschen zweierlei bewusst seien, fügte Verheugen hinzu: "Das Grundgesetz ist die europafreundlichste Verfassung der gesamten EU. Und das Karlsruher Urteil hat die deutsche Politik unter das Gebot der Europafreundlichkeit gestellt." Karlsruhe habe die deutsche Politik "an ihre Verantwortung für Europa erinnert".